Kalt wie Eis oder heißes Eisen: Wenn Installationskunst thermische Verhältnisse einbezieht, stößt die auf den Sehsinn fokussierte Ästhetik an eine Grenze. Thermo-Ästhetik ist die erste zusammenfassende Darstellung von Kunstwerken, welche die Möglichkeiten einer erweiterten ästhetischen Erfahrung mittels Wärme und Hitze erkunden.
Installationskunst spielt seit den 1960er Jahren mit der Unmittelbarkeitswahrnehmung von Wärme und Hitze über die Haut. Die Studie stellt unterschiedliche Aneignungsstrategien und Verwendungen im ästhetischen Gesamtzusammenhang des Thermischen dar: Illustrative, affektive, indexikalische, mythische, utopische, sinnlichkeitsschulende, assoziative und kritische Funktion werden im Kunstwerk zur Geltung gebracht.In zwei historischen Exkursen zur Romantik und zum Ästhetizismus um 1900 wird die These vertreten, dass als Voraussetzung für thermo-künstlerische Wahrnehmung ein auf Sinnlichkeit orientiertes Subjekt angenommen werden muss. Allerdings genießt dieser Subjekttypus in der Tradition der Kunstphilosophie keine besondere Wertschätzung. Insofern ist die Studie auch das Plädoyer für einen neuen Ästhetizismus.
Der Autor:
Gunnar Schmidt ist Professor für das Lehrgebiet Theorie und Praxis des Intermedialen am Fachbereich Gestaltung der Hochschule Trier. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Medienästhetik, Medienkunst und Kulturgeschichte der Medien.