Die vorliegende Studie versammelt und kommentiert Texte, Bilder, Filme, Performances, Installationen, Hörstücke und Objekte, in denen das Atmen künstlerisch bearbeitet wird. Die Versetzung des Pneumas in die Sphäre der Kunst erzeugt eine exzentrische Befremdung, die das verlegenheitslose Leben in der Lufthülle nicht kennt.
Von den 1920er-Jahren bis heute wählten die für Selbst- und Fremdbeobachtung trainierten Künstlerinnen und Künstler den Atem als Sujet, um katastrophische und utopische Beunruhigungen zu thematisieren. Instabilität und Unterbrechung der Gleichmäßigkeit betreffen das Subjekt, die Sprache, die sozialen Verbindlichkeiten sowie die Beziehung zur Umwelt.
Die metaphysische Ausstattung der Respiration erfolgt nicht willkürlich, sie kann auf einen sprachhistorischen Zuspieler zählen: Im Altgriechischen bedeutet pneúma nicht nur Atem, sondern weiterführend auch Geist, Hauch und Luft. Diese Mehrfachsemantik deutet an, dass es fluide Übergänge zwischen den körperlichen, weltlichen und gedanklichen Aspekten des Seins gibt. Der Buchtitel Atemräume bildet dafür die begriffliche Chiffre. Mit ihr werden Vorstellungen der Ausdehnung, Begrenzung, Durchlässigkeit, Endlichkeit und des Aufgehobenseins in Atmosphären zusammengefasst.