Unica Zürn. Die Ruhe im Unglück*

Schicht
Das ist ein Anagrammgedicht,
Ein Anagramm ist das Gedicht
gemacht im Anti-Sarg, im Sande ...

Das Anagrammgedicht ist ein Sprachschiefer, ein Geschieht: Schicht auf Schicht gleichen Materials, ohne daß das Obere je das Selbe des Unteren wäre.

Anagramm heißt wiederkehrende Schrift; Schrift, die aus dem kommt, das bereits ist, die dennoch Neues zu erbringen sucht. Das Anagramm ist dem (Vor-) Gegebenen anhänglich und drängt zugleich auf Autonomie. Zeile folgt auf Zeile. Diese Morphologie erzeugt Spannung, die zusammenhält und gleichzeitig das Gefüge auseinander zu sprengen droht. Jede Zeile beginnt mit dem Vorangegangenen, nimmt dann ihren eigenen Weg und verläuft sich – vielleicht im Sande.

An Ti gedacht, im Gras, im Sande,
stimmt dich der i-aa-Gesang an ...

Spannung und Schichtung laufen der Konzentration zuwider. (Es mag sich gar die gattungstheoretische Frage stellen, ob die Rede vom Ge-dicht noch zulässig ist.) Das Anagramm formt sich in der Zerrkraft zwischen (Material-)Gleichem und (Bedeutungs-)Unidentischem. Jede Annäherung, die sich darauf beschränkte, lediglich die Anlagerungen abzutragen, die sich auf nichts als die Lektüre stützte, würde unweigerlich das Grundmerkmal der Tension unaufgespürt lassen.

Wer im Anagramm dem Satz-an-Satz folgt, wird sich verirren. Oder gar irre werden?

Gam-Gan-dit - ein dramatisches Gedicht. Das ist ein Anagram.1

Der Verkehr der wiederkehrenden Schrift hat vielleicht kompliziertere Regeln, als es den Anschein haben mag.

Spielregeln
Unica Zürn hat sich über zehn Jahre mit großer Leidenschaft dieser einen Regel unterworfen, die das Anagramm bestimmt. Sie selbst gibt in ihrem autobiographischen Text Der Mann im Jasmin an zwei Stellen die Definition des Anagramms. Diese Wiederholung der Vorschrift mutet eigentümlich an, da sie in ihrer Einfachheit kaum der nochmaligen Anmahnung bedarf. Es mag nützlich sein, den Ton der Definitionen zu hören, da ein Intervall verborgen sein könnte, das eine Verschiebung anzeigt.

Anagramme sind Worte und Sätze, die durch Umstellen der Buchstaben eines Wortes oder Satzes entstanden sind. Nur die gegebenen Buchstaben sind verwendbar und keine anderen dürfen zur Hilfe gerufen werden.

Das Gesetz für das Anagramm heißt: Alle Buchstaben, die der Ausgangssatz enthält, müssen auch in seinem Anagramm verwendet werden.2

Die erste Beschreibung ist wie das Regelwerk zu einem Spiel. Leicht und fast heiter leiten die Sätze ein Tun an, das (wie jedes Spiel) allein dem Zweck der Unterhaltung und des Genusses dient; die Buchstaben sind die Spielsteine oder das Spielgeld. Das Spiel kann beginnen.

Die zweite Beschreibung kommt als Anrufung eines Gesetzes: Streng, imperativisch, knapp. Es hat den Anschein, als ginge es um eine Unterwerfung, um etwas nicht Selbstgesetztes, um Fremdbestimmung (im Gegensatz zur Spielregel, der man sich freiwillig unterstellt). Im Gesetz ist die Qual, nicht Selbst sein zu können. Nimmt man den Tonsprung der beiden Definitionen ernst, dann bleibt die Vermutung, daß die Verfasserin in der Spannung zwischen Bestimmung und Verlorensein, Lust und Unlust steht. Die Doppelbödigkeit des Anagramms wäre das, was das Subjekt ganz und gar im Unsicheren läßt.

Sprachspiele
Das Anagramm ist eine eigenwillige Form des Dichtens, da sie wie eine Korsettierung wirkt.
Welches literarische Sprechen (ja, welches Sprechen überhaupt) könnte sich mit der Kontingentierung der Buchstaben einverstanden erklären? Die Einschränkung läuft geradezu auf eine Unterminierung des symbolischen Gesetzes hinaus, das besagt, daß die Signifikanten als differenzerzeugendes Material in unendlicher Fülle vorhanden sind. Im Regelfall gibt es für das Sprechen keine Endlichkeit des Horizonts, sowohl in der Ausdehnung als auch in der Kombi-nierbarkeit der Zeichen. Jeder wie auch immer gewählte Abschluß kann mit der Möglichkeit unendlicher Fortsetzungen und Revision rechnen. Im Sprechen kommt Freiheit zu uns und damit die Illusion, der Immanenz des Todes entgehen zu können.

Der Umstand, daß das Anagramm den radikalen Abschluß in sich trägt, mag dafür verantwortlich sein, daß es in der Literatur als Dichtungsgattung kaum in Erscheinung tritt. Allenfalls als rhetorisches Spiel findet es Eingang in eine ansonsten linear verlaufende Textstruktur. Die Abfassung ganzer Texte nach der anagrammatischen Regel bleibt die Ausnahme.3

Unica Zürn hat sich dieser Übung im Mangel unterworfen. Durch ihr strenges Festhalten am Mangel hat sie es vermocht, daß das anagrammatische Dichten mehr als bloße rhetorische Verzierung und Sprachspiel ist.

Die Metamorphose hat Folgen: Sprache wird mit Fremdheit ausgeschlagen, das (quasi-)natürlichen Sprechen wird zugerichtet, "gefoltert"4 und denaturalisiert. Diese Verkünstlichung sorgt nicht nur für ästhetische Verfremdung und Enigmatisierung, sie wirkt produktiv auch im Sinne einer Forschung über die Ursprünge der Sprache unter dem Gesichtspunkt der Genese und der Struktur. Das Anagramm führt zurück, es ist eine kunsthafte Sprachregression.

1. Die strukturale Regression: Unica Zürn wählt immer einen Satz oder Spruch als Ausgang für die anagrammatische Formulierung. Die so vorgeschlagene Kontingentierung der Sprachteile treibt den Sprecher/Schreiber auf das zu, was ihm gewöhnlich als bloßer Träger erscheint: auf den Signifikanten. Der Signifikant als phonetisches und Schriftsubstrat wird an die würdevolle erste Stelle gerückt, wo vorher (ich bin mir über die ganz und gar idealistische Redeweise bewußt) der Gedanke war beziehungsweise zu sein glaubte. Das Anagramm hat als Zielvorgabe zwar immer noch die Einrichtung der linearen Sprachstruktur, die Aufrechterhaltung der Grammatikalität und die Stiftung von Signifikatseffekten, doch wird eine Einlösung durch die phonematische Perforation des symbolischen Gesetzes erschwert; kaum wird es als Webmeister eines heilen Bandes in Erscheinung treten.

Jedem Leser, dem die Gesetzmäßigkeit der Gattung vertraut ist, wird seine Lektüre der formalen Ausrichtung angleichen. Die in jeder Zeile neugeordneten Buchstaben wird er zum einen daraufhin befragen, ob sie auch tatsächlich dem Gesetz der Wiederholung gehorchen5, und er wird durch die Anaphonie von der Semantik der Sätze abgelenkt. Das Gedicht lädt ein zu einem hörenden Lesen. In dem 1956 verfaßten Anagramm "Orakel und Spektakel" führt Unica Zürn die Tendenz zur Verklanglichung bis zu dem Punkt, wo nur noch parodistische Bedeutungssimulation herrscht. Dieser witzig-dadaistische Text ist kein typisches Beispiel für die dichterische Haltung Zürns, er zeigt aber die Be-tonung des Signifikanten:

Orakel und Spektakel
Duke sprak: na olle Tek,
du orakelkalte Spenk
Kroetenspukke, dalla
palla, runde Ekke kost
en Tala. Rokkespek lud
Kallde een, Arp kokt su.
Katull, Pekasko reden
ernste Kakakelo, Pudel-
rakel und Spektakele.
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Die Regel des Anagramms setzt eine Kraft gegen das Bedeutungshafte ein und verschiebt auf diese Art das Sinnhafte zum Sinnlichen. Der Text hat die Kraft seine Zeichenhaftigkeit zu veranschaulichen: Lautbild wird vom Vorstellungsbild getrennt. Selbst bei Gedichten, die den sprachlichen Normalfall üben (intakte Grammatik, heile Wortmorphologie), bewirkt die minimalistische Repetition der Signifikanten eine Musikalisierung der Sprache; die Texte verwandeln sich in para-semantische Gebilde.

Es war einmal ein kleines
warmes Eisen allein. Kein'
Laerm, kein' Wein lasse ein.
Leis' am See rann, weil kein
Eis war, Amselnelke in ein
Samen-Ei. Alle winken: reis'
wie alle Samen. Sinke rein,
Wasserkeim, nein, alleine –
in ein Kissen. Alle Waerme
war einmal ein kleines Es.
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Die Negativbestimmung der Anagrammatik als gefolterte und denaturalisierte Sprache macht allerdings nur dann Sinn, wenn zur Bezugsgröße die Kohärenz des Ausgangssatzes als Paradigma genommen wird, der in der Tat seziert wird. Das Anagramm ist jedoch nicht nur in seiner Negationsleistung zu sehen: Es ist Produkt einer Arbeit am Klang und einer Arbeit am phantastischen Satz- und Wortbild. Mehr als andere Sprachgattungen enthüllt das Anagramm seinen Objekt- und Materialcharakter, zeigt es die leibliche Unterseite der Sprache. Es neigt sich zur Seite der Präsenz, fort von der repräsentativen Funktion der Sprache. Die sprachanalytische Wirkung des Anagramms erfolgt in der Unmittelbarkeit der Darbietung, was sie von einer Sprachtheorie unterscheidet: Die Theorie bedient sich der Metasprache und verläßt sich ganz auf ihre Repräsentativfunktion; das Anagramm erstellt simultan zur Dissoziation der Zeichenelemente ein ästhetisches Objekt. Dieses Objekt ist zuallererst nur es selbst. Das Anagramm kehrt die Sprache. Der Signifikant steht an dem Punkt, wo er noch nicht ganz in der Transzendenz des Zeichens aufgegangen ist. Es handelt sich um Keimsprache. –

2. Die genetische Repression: Kindheit ist die Zeit des Lernens und Abschiednehmens. Die Sehnsucht nach der Kindheit entsteht aus der Vorstellung, dass es einmal ein Heil vor der Trennung gab. Unica Zürn kehrt in ihrem Schreiben wiederholt in die Kindheit zurück: in die erinnerte, die nostalgisch-verklärte, die grausame, die nie stattgefundene Kindheit. Kindheit ist der Traum, der den Wunsch nie einlösen wird.

Auch in den Anagrammen erscheint die Kindheit wiederholt als Ausgangspunkt für die literarische Phantasie. In einer Reihe von Ausgangssätzen wird das Kindsein angerufen: Sprüche aus der Kindheit ("Das Spielen der Kinder ist streng untersagt"), das Spielen ("Drei Fragen hinter der Tuer"), Märchen ("Der Geist aus der Flasche"), die Überraschung ("Tausend Zaubereien") und andere Anklänge bewegen die Dichterin zur Produktion.

Diese imaginäre Rückwendung ist mehr als bloße Erinnerungsarbeit, sie greift im Anagramm auf das Symbolische über und gibt ihm Form. Die (strukturelle) Wendung zum Signifikanten erinnert an das Sprechen der kleinen Kinder, an ihr vorsignifikatives Geplapper, die Wiederkehr gleicher Lautbilder, den Singsang der Vokale, die Assoziation melodischer Konturen.8 Das Kind erprobt das Material, das ihm zum Genuß dient9, und übt sich in Sinn ein. Aber nicht nur die kleinen, auch ältere Kinder, die der Sprache bereits als Schrift mächtig sind, kennen das Spiel mit dem Material. Eines dieser Spiele hat große Ähnlichkeiten mit dem Anagrammdichten: Ein gegebenes Wort muß zerlegt werden, um aus den Buchstaben die größtmögliche Anzahl neuer Worte zu bilden (ohne allerdings die Vorgabe des restlosen Verbrauchs der Buchstaben einlösen zu müssen). Beide Fälle (obschon sie ganz verschiedene ontogeneti-sche Stufen bezeichnen) bringen die Sprache ganz zu sich, machen sie narzißtisch. Sie funktioniert weder im Sinne einer Trennung zur Erkundung der Realität noch als Deutungsorgan oder als Kommunikationsmedium. Zwar ist vorstellbar (im ersten Falle sogar wahrscheinlich), daß die Signifikanten noch einen Ausdruck tragen, den das Subjekt in die Welt bringt. Die Lautmalerei ist jedoch in ihrer Eigenart als protosymbolischer Ausdruck noch nicht in die konventionalisierte Signifikant-Signifikat-Relation eingelassen. In der autobiographischen Erzählung Dunkler Frühling erzählt Unica Zürn von einem Spiel, das sie als Kind mit einer Freundin zu inszenieren pflegte. Die Kinder stellen sich vor, ein königliches Paar zu sein, dessen Sohn von Räubern in einem fernen Wald erschlagen worden ist. Um die Klage über den Verlust ausdrücken zu können, erfinden die Mädchen eine Sprache, die nur aus Vokalen besteht. Diese Sprache, die niemand sonst versteht, ist für Unica das größte Faszinosum: "Das Beste und Aufregendste an dem ganzen Spiel war die eingebildete Klagesprache."10

Die in dem Spiel eingeübte kindliche, verlautlichte Rohsprache weist mit ihrer Mischung aus Lust und Schmerz analoge Merkmale zum Anagramm auf: Beide geben etwas zu hören auf. Überhaupt scheint bei Unica Zürn eine besondere Empfänglichkeit für das Tönende, für Zeichen, die noch nicht ganz Sprache sind, vorgelegen zu haben. In ihren Prosatexten beschwört sie wiederkehrend den Eindruck, den Musik, Töne und der Klang von Stimmen bei ihr ausgelöst haben. Diese sind es, die sie in Erregung versetzen, Erinnerungen in ihr wachrufen und sie mit dem Gefühl der Lebendigkeit versorgen.

Die Strenge in der kompositorischen Arbeit an einem Anagramm mag wie das Gegenteil zur spontanen Emotivität beim musikalischen Erleben wirken; dennoch bleibt der Tatbestand, daß das Produkt immer auch ein musikalisches Ereignis darstellt.

Unica Zürn muß um den musikalischen Charakter gewußt haben und sich über die Kindhaftigkeit ihrer Dichtungsart bewußt gewesen sein. In einem zwei Jahre vor ihrem Tod verfaßten Prosatext hat sie eine Vielzahl von Anagrammen eingebaut, die wie klingende Anhaltungen wirken. Es erscheint daher kaum als Zufall, daß der Titel des Textes Musik thematisch aufruft: Die Trompeten von Jericho.

In dieser Erzählung verbindet sie die Kindheit mit anagrammatischer Poesie. Dies ist ein ganz und gar imaginärer Akt, denn die Schriftstellerin hat erst 1953 (im Alter von 37 Jahren) durch die Anregung Hans Bellmers mit dieser Form der Dichtung begonnen.

In der Erzählung wird in einer Passage von dem zehn Jahre alten Mädchen Ruth erzählt (was der Taufname Unicas war). Die Erzählerin erinnert sich des Kindes, wie es ein Gedicht spricht:

Mit heller Stimme, so schnell, daß du ihr kaum folgen konntest, sagte sie ihr selbst erdachtes Gedicht her. Dabei stand sie auf einem Bein und neigte den Kopf wie ein Storch zur Seite: "Renn' herbei! Der Wackelsand grunzt zur Wurstluise: Wasseruhren, Zuckergeld, Staub rinnt in der Wurzel. Willst Du es, hebe es, rennt zur Wand er, ri und rag zurück. Wenn Du hundert Ri-Rag willst, essen Zauberei-Zucker."11

Obwohl das Gedicht von Zauberern und vom Zucker erzählt, ist es kein Kindergedicht der kleinen Ruth, sondern eines, das die (erwachsen-kindhafte?) Dichterin Unica schrieb. Eine Nachzählung ergibt, daß das Gedicht aus zwei Anagrammen besteht.

Die Erzählung unternimmt den Kunstgriff der phantasmatischen Rückdatierung. Unica rückprojiziert ihr Jetzt in eine längst vergangene Kindheit. In der Perspektive des Anagramms als künstlerische Sprachregression ist dieser Verschnitt zweier Zeiten durchaus logisch: Was das Anagramm macht, nämlich den Sinn in 'Unsinn' zu verkehren, die Buchstaben durcheinander zu würfeln, das dürfen die Kinder in ihren Spielen. Und so geht es nur mit rechten Dingen zu, wenn das Kind derart dichterisch spricht. Das Kindsein bezeichnet den Ort in der Zeit, wo das Subjekt sich enthebt des gesellschaftlichen Zwangs zur Einheitlichkeit, zur symbolischen Kohärenz und zur Sprachregelung auf die Referentialität.

Du warst ein Dichter, als Kind, aber Du hast Deine frühen Gedichte schon lange Zeit vergessen und es gab damals niemanden, der sie aufschrieb. Jetzt sprichst Du in der vernünftigen phantasielosen Sprache aller Leute. Dunkel ist das WAR in Atlas, Wind und Kreis.12

Der letzte Satz verwandelt die Klage über die leere Sprache der Alle-Leute – wie könnte es anders sein – in ein Anagramm. Ohne Warnung bricht in die Erzählung die Unvernunft ein, die Phantasie, das Schriftspiel. Die Metasprache wird abgelöst durch das dunkle Sprachspiel; in die aushöhlende Klarheit des symbolischen Verkehrs schneidet der Poetismus.

Aber das Kind-Werden der Sprache im Anagramm ist nicht ohne Mühe, nicht immer heiter, das Spiel an der Grenze nicht ohne Gefahren. Der Rückzug ins Vordenkliche macht das Subjekt nicht allein empfänglich für die regellosen Lüste, sondern auch für die Verletzungen, die man nicht versteht. Jede Kindheit umschließt unsagbare Verluste; ohne den Schutzmantel des Ausdrucks, der zum anderen geht, ist das Subjekt verwundbare Materie.

Umschluss
Wenn die Subjektfunktion etwas ist, das da ist, um Widerstand zu machen, sich einzukleiden in Wissen und Absetzungen zu erzeugen, dann ist das Verfassen von Anagrammen eine Einübung in Subjektvergessenheit. Das Schreiben ist vergleichbar (und sicher nicht identisch) mit einer Meditationshaltung: Die Zeile, die die Dichterin sich erwählt hat, wird im eigentlichen Sinne nicht fortgeschrieben, sondern wie das Mantra in steter Bewegung gedreht und gewendet und schließlich aufgegeben. Das Subjekt macht sich durchlässig für die Buchstaben, für mögliche Kombinationen und öffnet sich tendenziell dem Absurdismus.

Aus den Notizbüchern Unica Zürns ist ablesbar, wie sie bei der Abfassung der Texte vorgegangen ist: Die Ausgangszeile wird niedergeschrieben. Einzelne Worte und Teile werden ausgemacht und in der darunterliegenden Zeile notiert. Die verbrauchten Buchstaben werden in der darüberliegenden Zeile ausgestrichen. Geht die Arbeit mit dem Buchstabenrest auf, wird der Vorgang mit der neugebildeten Zeile neubegonnen. Oft jedoch passen aufgefundene Teile nicht zusammen; sie müssen dann verworfen werden. Stücke, die immer neu aufgenommen werden, weil sie für besonders bedeutsam erachtet werden, stehen oft mit dem amorphen, nicht einlösbaren Buchstabenrest im Widerstreit.13 Die Regel besagt aber, daß der Sinn vor der Erfüllung des Anagrammgebots weichen muß. Der Anagrammatiker muß (wie der Meditierende) von liebgewordenen Bedeutungen sich verabschieden; er steht immer in der Konfrontation mit der Vergeblichkeit des Sinns. Das formale Gesetz wird zur Barriere des Sinns. Die sich wiederholende Geste des Ausstreichens der Buchstaben gemahnt an eine Verdrängung oder Verwerfung des Sinns.14 Das Alte wird vergessen, und unsichtbar gemacht. Die Dichterin schreitet nicht voran in der Bedeutungsakkumulation, sie formuliert in jedem Schritt Bedeutungsminiaturen. Jede Zeile ist unter dem Materialgesichtspunkt Neubeginn, auf sie wird das Darüberliegende verzerrt projiziert. Mit Recht kann man sagen, daß das Schreiben eher vertikal denn horizontal verfährt.

Wenn bisher das Augenmerk vornehmlich auf die Phonie und die spezifische Ordnung der Signifikanten gerichtet wurde, so bleibt die Tatsache bestehen, daß das Anagramm die Sprachgesetze nicht zur Auflösung bringt, sondern ihnen als formale Vorgabe folgt. Das Anagramm steht an der Grenzlinie zwischen einer reinen Geometrie der Buchstaben und einer Neigung zum Sprachsinn, da es stets dem Syntagma verpflichtet bleibt. In dieser strukturellen Spannung, die nie zugunsten einer Seite aufgelöst werden darf, operiert die Sprachschöpfung. Selbst eine spontane Lektüre der Zürnschen Texte hinterläßt den Eindruck, daß man an einer Bruchstelle steht, mehr noch, daß man sich von Bruch zu Bruch bewegt: zerrissenes Sprechen. Durch das Gebot der Buchstabenwiederholung steht das Anagrammgedicht unter dem Diktat der Zeile. Formale Einheitlichkeit wird in herkömmlicher Lyrik durch den Einsatz von Rhythmus, Metrum, Reim et cetera bewirkt. Im Anagramm bleiben diese Elemente ausgeschlossen (allenfalls entstehen sie als zufälliges Beiwerk). Jedes Lesen eines Anagramms stockt unwillkürlich am Ende einer Zeile: Das Material ist verbraucht, neuer Atem ist zu nehmen. Von Zeile zu Zeile folgt man Neubeginn und Abschluß, wird man Gefangener des anaphonischen Geschehens. Zwar wird die Phonie nie so übermächtig, daß sie in der Lage ist, die Semantik der Zeile zu verschütten, doch bewirkt die Konzentration auf die Zeile, daß Vorhergegangenes tendenziell dem Vergessen anheimfällt. Die strukturelle Eigenart der Vertikalität erfaßt auch die Lektüre. Deutlich wird der Riß zwischen Sinn und Buchstabe an solchen Punkten des Textes, wo Unica Zürn Satzanfang und -ende nicht mit Zeilenanfang und -ende synchronisiert. Oft beginnt sie einen Satz, der über das Zeilenende hinweg schleift. Da die Materialgrenze von der Syntax nicht beachtet wird, schwankt die Lektüre, die nicht weiß, ob sie mit dem Ohr dem Signifikanten oder mit dem Denken dem Signifikat folgen soll. Körper und Seele sind uneins.

Gefaellt Dir dieser Garten?
Geistergraf der Linde, alte
Irrgestalt, die lange Feder
ist der Finger, der alle Tage
graste. Er fliegt, Dein Adler
faellt Dein Sarg. Rede, Tiger,
der Garten fragt. Leise, Lied,
fern geigt der alte Elidras.
15

Das "Wesen, das sich seit allen Zeiten schon so gerne von seinem lästigen Körper löst"16, fällt aus der Schriftspur, findet keinen Anschluß.

Selbst noch das Vergessen des anagrammatischen Gesetzes in der Lektüre würde nicht bewirken, daß die Verstehensarbeit in einer Synthese zu einem Einhalt käme. Die Texte gehen nicht auf ein Zentrum, auf eine deutlich angebbare Sinngestalt. Die Reihung der Sätze entwickelt kaum einen Gedanken oder entfaltet ein geschlossenes Bild. Assoziativ werden Teile zusammengefügt, die immer von bedrohlichen Leerstellen und Sprüngen begleitet werden, oder die untereinander inkommensurabel bleiben. Das Anagrammgedicht zu "Gefaellt Dir dieser Garten" umkreist die Themen Wahn/Tod (Geistergraf, Irrgestalt, Sarg), Kreatürlichkeit (Adler, Tiger, Garten) und Klang/Musik (Rede, Lied, geigt). Schwerlich wird man jedoch von dem Text eine semantische Deutlichkeit oder Kohärenz ablesen können. Die Wendungen überraschen nicht im Sinne der Neuheit einer Perspektive, die etwas erkennen läßt, sie haben vielmehr die Kraft, perplex zu machen. Das Ganze verliert sich in Einzelheiten; die Einzelheiten kommen nicht zur Höhe des Symbols: Das Wort bleibt einsam. Ein Paradox entsteht: Gerade auf Grund der formalen Strenge und Genauigkeit wird der Inhalt rissig, chaotisch, zu Weilen delirant. Die Spracharbeit im Mangel wird kompensiert durch phantastische Wortkombinationen, eigensinnige Komposita, Neologismen und verzwirbelte Syntax.

Es war ein Kind, das wollte nie ...
Wo Eiersand in Kandis wellte
war ein Kind. Es wollte nie das
Nein. War das die Welt? So klein?
Die Sonne war kalt. Leise, Wind,
das Wal-Ei rinnt, Wolkenseide
winkt. All' die oeden Wasser in
der Wand. O eine Kiste will ans
Land. Laken reist ins Wiedewo,
wo die Nase welkt. Nie als Rind
in Kaese wollen, das wird Stein
ins Weite rollen. Dies' da wank'
in die Stirne sank. Wollewade
will ein Kissen, wandert – o ade.
17

Die Gedichte Zürns sind vereiste Objekte mit Rissen und Schnitten, die das Rätselhafte und Geheime und Ungefügte einschließen. Die Lektüre entgleitet ständig, man rutscht von Satz zu Satz und verliert den Zusammenhalt. Die Sprache besteht aus widersprüchlichen Durchläufen. Was bleibt, ist die Empfindung einer Abgeschlossenheit und Einsamkeit.

Ein Wort Strindbergs, das er einmal in einer psychotischen Krise für sein eigenes Schreiben gefunden hat, scheint mir die Texte Zürns passend zu charakterisieren: Es ist ein Schreiben "der großen Unordnung und des unendlichen Zusammenhangs".18 Der kontingentierte Signifikant umschließt mit klarer Grenze das Unfaßbare des Sinns. Wir sind im Angesicht eines Sprachobjekts, das die Möglichkeit der Paraphrase, der Zusammenfassung, der Bedeutungsfixierung verweigert: Unmöglichkeit der Metasprache. Solche Unmöglichkeit schließt allerdings nicht aus, die Texte als Versuch der Aussprache zu begreifen. Wer zur Sprache findet (auch zur kunstvoll verstümmelten), will etwas sagen. Zürn prägt für diese Halbstellung des Sprechens, für die Stimme ohne Sinn einen Ausdruck. In Die Trompeten von Jericho bezeichnet sie das anagrammatische Sagen als behaftet mit einem "Hinterunsinn"19. Der Begriff deutet an, daß der Unsinn Hintersinn hat, daß etwas spricht, nur eben verquer und geheimnishaft. Zwar wird sich der in singulären Metaphern und Bildern verkapselte Privatsinn in Einzelanalysen nicht offenbaren (welche Hermeneutik hätte schon die Mittel dazu), was sich aber dennoch aussagt, ist die Intensität, die zum Schreiben antreibt.

Die Gattung selbst ist bereits mit ablesbarer Bedeutung behaftet. In ihr vergegenständlicht sich ein gequältes, in der Armut befindliches Sprechen. Sie zeigt, daß das Spiel eine ernste, fast schon bedrohliche Kehrseite hat.

Bei der Durchsicht der Zürnschen Anagramme wird man darüber hinaus feststellen, daß sich Zentralmotive ergeben, die den Eindruck der Schwere bestätigen. Einzelne Worte und Formulierungen evozieren die Aura der Melancholie. Der Zusammenstoß von Melancholie und Anagramm ist sinnfällig. Wie das Anagramm ist die Melancholie der fühlbare Ausdruck des Nicht-Wissen-Könnens: Was ist es, das mich leiden macht?

Ich streue das weisse Nichts;
ach, Weiss ist nichts. Reue des
weissen Rauchs sticht Seide
der Nachsicht. Suesse ist wie
das Weisse. Schreie: Tu's nicht!
Sie ist ich! Werd' suesse Nacht!
20

Das "ach" der Vergeblichkeit und der Wunsch nach dem Vergessen im Schlaf: Wie dieses Gedicht sprechen die Texte Zürns wieder und wieder vom Tod, Leid, von der Bedrückung, der Sehnsucht, der Leere, von dem Wahn. "Leid/ liegt in allen Dingen, es/lallt in den Eisigen, eng/nagt's den Engel."21 Nur selten entsteht der Eindruck, daß Unica Zürn von etwas anderem schreibt als der Not des Daseins, der Unverläßlichkeit der Erscheinungen, von dem Ungenügen des Erlebens und der Unfähigkeit zu begreifen, worin der Mangel besteht. Gleichzeitig - und darin liegt der Rettungsgriff – sorgen die Texte als ästhetische Objekte für eine Aufhebung dieser Seinsbeschränkungen, denn als Stimme sind sie wie Versprechungen einer anderen Gegenwärtigkeit.

Trauer und Schönheit (des Verlorenen), Wunsch und Vergeblichkeit liegen immer zusammen.

Lass uns den Moorgesang anstimmen, um uns auf andere Gedanken zu bringen, auf edele, erhabene Gedanken, voller unverständlicher Poesie und vor allem ohne eine Spur des erleichternden Humors. Todernst wollen wir jetzt sein.Der Humor, die Ironie, diese Meisterwerke in der Dichtkunst fehlen mir. Darum lass uns in eine neue Traurigkeit hineinschreiten. Lass uns die Moorgesänge anstimmen und die goldene Erde auf den Sarg streuen.22

Diese Beschreibung, die zweifelsohne dem Anagramm gilt, faßt die Spannungen zusammen, aus denen das Gedicht hervorgebracht wird und die es beleben: die Trauer, der Tod, das Unverständliche, die Erhabenheit, die Stimme, das Andere. Das Anagramm ruft eine traurige Zeit (die Kindheit?) zurück und will sie im gleichen Moment ungeschehen machen.

Wir werden sehen, wohin das führt: Ins Glück? Ins Unglück? Weder noch – irgendwo dazwischen.

Sub-Ob-Jekt
Das Glück des meditativen Anagrammdichters, das darin besteht, das Gegenwärtige aufzugeben, kommt nicht aus ohne die Gegenbewegung. Hans Bellmer bemerkt, daß der Tendenz zur "Ausschaltung vorbedachter Gestaltungsabsicht" die "Höchstspannung des gestaltenden Willens" gegenübersteht.23 Der Widersinn dieser zwei Haltungen nimmt das schreibende Subjekt in die Klammer und raubt ihm die Freiheit der Wahl, entweder in dem Einen oder Anderen zu sein.

Die ganze Freiheit steht noch vor Beginn der Arbeit zu Gebote, wo der Dichter sich aus der unendlichen Fülle möglicher Sätze den erwählt, der ihm größtmöglichen Anreiz zur sezierenden und kreativen Beschäftigung bietet. Bei Unica Zürn erfolgt die Wahl nicht nach formalen Vorgaben, etwa danach, ob der Satz über eine günstige Buchstabenverteilung verfügt. Die Sätze enthalten immer Anspielungen auf die Existenz der Dichterin: auf das Private ihrer Geschichte, ihre Wünsche, Beziehungen und Erlebnisse.

Ist dieser Anreiz erfolgt, passiert der Sprung in die Ungewißheit und in die Überraschung, denn was der Satz an möglichen Aussagen parat hält, davon weiß das Subjekt nichts. "Beim Suchen und Finden von Anagrammen ... spürt sie die Erregung und große Neugier, die notwendig ist, um sich mit seiner eigenen Arbeit zu überraschen."24

Der die Erregung stimulierende Ausgangssatz erfährt nun eine Metamorphose (die auch die Dichterin ergreift). Seine sprechende Wirkung wird nicht dialogisch aufgenommen, sondern zugunsten geheimnishafter Botschaften, die in ihm begraben liegen, verdrängt. Anstatt über ihn eine Reflexion anzustellen, die die gelebte Existenz des Denkenden mit einschließen würde, versetzt sich das Subjekt in eine sehende Spannung, verfällt es den Buchstaben, in denen es zu suchen beginnt.

Das Suchen und Finden, von dem Unica Zürn schreibt, sind die eigentlich rätselhaften Betätigungen, die diffus eine Stellung zwischen Selbstvergessenheit und dem Willen zur Produktion bezeichnen.

Unica Zürn spricht selber einmal von "Untersuchungen"25, die sie anstellt. Der Begriff läßt den Eindruck entstehen, daß die anagrammatischen Worte und Sätze jenseits dessen liegen, was das (untersuchende) Subjekt zu sagen in der Lage ist. Das Gewicht wird auf das enigmatische Objekt gelegt, dem man einen Sinn (oder viele Sinnschichten) entbirgt. Man kann glauben, daß das Objekt durch das Subjekt spricht, das nicht mehr ist als ein Katalysator zur Zusammenfügung. Das Subjekt steht in passiver Erwartung, daß der Sinn zu ihm sprechen möge. Das (Unter-)Suchen wäre dann zu verstehen als ein Zustoßen. Die Überraschung, von der Zürn spricht, ist wörtlich zu nehmen als eine äußere Kraft, die das Subjekt wie von oben anfällt. Es ist ein Anderer, der spricht, einer, der sich schwer zu verstehen gibt.26

Das Finden steht in diesem Sinne dem Dichten konträr gegenüber. Gefunden wird das, was bereits ist; das Dichten hingegen wäre eine Arbeit des Fügens, die erst noch etwas herstellen will. Unica Zürn "beschwört"27 eine abwesende Präsenz, die im fügenden Anagramm sich zeigen soll. Die Anagrammatikerin selbst ist eigentlich eine Schweigende, Sprachlose, eine Empfängerin. Das primäre Ziel ist es, das Material in seiner größtmöglichen Variation zu erschöpfen. Es geht um "Ergiebigkeit".28

Damit kommt etwas ins Spiel, das dem Grundmerkmal der Sprache zuwiderläuft: Das Anagramm scheint den Versuch darzustellen, die Endlichkeit in der Sprache zu begründen. Stillschweigend besagt das Gesetz des Anagramms, daß das Endlosband der Sprache zusammengebunden werden soll. Unica Zürn sucht in der Formerfüllung das Ideal des letzten noch zu schreibenden Satzes. So schillernd das auf diese Art entstandene Objekt sein mag, es hat nicht mehr die Unsicherheit des Widerspruchs oder der Wandelbarkeit.

Aber das Ideal der Vollendung, das den Wunsch antreibt, muß selbst noch in den Grenzen des Anagramms mit der Vergeblichkeit seiner Realisation rechnen: Weiß man doch am Beginn einer Untersuchung noch nicht, ob der Gegenstand überhaupt etwas offenbaren wird. Im Falle des Gelingens einer Vertextung der

Elemente, muß der Schreibende jedoch weiterhin in der Ungewißheit leben, unter Umständen ein mögliches Syntagma übersehen zu haben. Augenfälliger ist das Scheitern dann, wenn die Zeilen nicht aufgehen. Über ein solches Anagramm schreibt Zürn: "Dieses Ergebnis ist arm und unvollkommen."29

Ungeliebtes Objekt, das nicht die vollkommene Schönheit des Ideals hat. Der Sprachgegenstand ist arm, weil er einen Rest läßt, weil er nicht die Glätte der geschlossenen Oberfläche hat. Überhaupt mag es fremd anmuten, das Ende eines Textes unabhängig von einer Sinnlogik zu suchen. Doch ist es gerade diese Wendung zum Signifikanten, die den sicheren Halt zu gewähren imstande ist. Die Besetzung der Sprache als objektale Präsenz, in die ein Dunkelsinn eingelassen ist, und die immanente Idealisierung lassen auf ein unterworfenes Subjekt schließen. Es ist nicht eines, das sich in der Sprache einrichtet. Die Sprache tritt als veräußerte Form, als Statue vor das Subjekt hin. Es denkt sich nicht primär in der Sprache; sie ist nicht etwas, das entlassen wird, um zu einem anderen hinzugehen; sie wird als einsamer Gegenstand habhaft gemacht.

Solche Hinwendung zu dem Einen ohne Dialog konfrontiert das Subjekt mit der Verfehlung, denn das Ideal gründet auf Scheinhaftigkeit (und nicht auf Lebendigkeit). Der Fetisch gibt zwar etwas zu fassen, doch bleibt der Zweifel, ob es das ist, was das Subjekt zu fassen begehrt. Wer skeptisch genug ist, wird kaum glauben, daß es je ein Ideal gab, das nicht irgendwann seines Scheins sich entledigt hat.

Die Entkleidung und Enttäuschung wäre aber vielleicht ein Weg, der auf die Bahn des Begehrens führte. Lastender ist das Alleinsein mit dem, das selber allein ist: das macht die große Melancholie.30

Gegenüber einem mächtigen, dunklen Anderen wird das Subjekt zum Objekt, das sich die Erfüllung erhofft. Ein Kind will genährt werden, vollständig sein. Daraufhat Unica Zürn gewartet, und die Nicht-Erfüllung in Passivität erlitten.

Ich habe immer nur in der Hoffnung gelebt, ein Gegenüber zu bekommen.
Den größten Teil meines Lebens habe ich schlafend zugebracht, den nächst größten Teil mit dem Warten auf das Wunder, mit dem Meditieren über das Unerreichbare.
31

Im Anagramm erscheint etwas von dem Wunder, von der Überraschung, denn die Entdeckung eines Satzes ist wie ein Schatzfund. Zweifelhaft bleibt, ob die Freude über die Entdeckung ungetrübt sein kann. In der Unmöglichkeit, das Anagramm verstehend nachzusprechen, kommt das Leid zu Tage, der Sache nicht habhaft zu werden. Der Sinn bleibt in Distanz. Unica Zürn arbeitet an den Sätzen, bringt etwas in der Untersuchung hervor; doch die Objekte sind von großer Unverständlichkeit und voller Traurigkeit. Was sie ausdrücken, ist, daß etwas nicht zu bekommen ist.

Aus all dem ließe sich schließen, daß das Anagramm ein romantisches Ungeheuer ist, das sich gegen seinen Schöpfer erhebt. Trotz der Überlast des Sprachobjekts gegenüber seinem Schöpfer bleibt dennoch das Rätsel – und hier kommt das Subjekt wieder ins Spiel – warum bestimmte Kombinationen und Bedeutungseinheiten gefunden werden. Das Subjekt sieht vielleicht nur das, was es zu sehen bereit ist; es bringt nur das zusammen, was ihm zusammengehörig erscheint. Der Wille zur Gestaltung und zur formalen Einheitlichkeit kommt einer Strategie gleich, durch die das Subjekt sein opakes Sprechen dem Objekt unterschiebt; es projiziert sich ins Objekt.

Welche Perspektive man auf das Anagramm auch immer nimmt, stets ersteht im Text eine Situation, in der das Subjekt ins Objekt stürzt, sich in ihm verliert oder sich aufgibt. Es müht sich an der Grenze zwischen Symbolischem und Semiotischem, dort, wo Name und Leib auseinander drängen. Um was handelt es sich also: um Suche oder um Produktion, um Passivität oder Aktivität? Das anagrammatische Schreiben Zürns inszeniert die Überraschung, mithin ein Anderes, dem sich die Dichterin unterstellt. Das Anagramm ist wie das Licht, das sowohl Wirkungen immaterieller Wellen als auch körperhafter Partikelströme hat. Der Text offenbart eine Unentschiedenheit zwischen Nähe und Ferne, Faßbarkeit und Unfaßbarkeit. Wir werden nie wissen, welche kathektische Energie Unica Zürn veranlaßt hat, ein Anagramm aufs andere zu verfassen. Es mag aber plausibel erscheinen, daß sie bei jedem neuen Versuch in der Spannung gelebt hat, ob es (Es?) kommen wird – das Wunder oder das Gegenüber, das anzeigen würde, daß es eine Erfüllung zwischen Subjekt und Objekt gibt.

Das Leben in der "DlSTANCE"32 hat Unica Zürn mehrfach in ihrer Prosa thematisiert. In der Distanz nimmt sie eine Haltung ein, die bewegungslos bleibt: Unica (er-)wartet und hält Ausschau. Selbst noch der Moment des Erblickens kommt nicht aus ohne Fremdheit gegenüber dem Erblickten. Ohne eine gelegentliche Berührung beschreibt die Distanz nur eine Existenz voller chimärenhafter Bilder ohne Substanz, ohne Versicherung des Seins. Zürn äußert selber die Vermutung, daß die Distanz wirksame Grundstellung für das Finden von Anagrammen ist. In der Tat muß die Sprache unnahbar gemacht werden: Würde man sich in dem Sinn des Satzes verlieren, wäre die Möglichkeit verspielt, mit den Buchstaben zu operieren. Der Blick geht fort von den inneren Bildern (Signifikaten) hin zu den äußeren Buchstaben-Objekten. Die Worte sollen zuerst gesehen und erst dann gelesen werden.

Meine Augen sind weitsichtig ge-/worden: das entfernte Objekt sehen sie deutlich. Das/fällt mir auf, weil es früher anders war./Ob das wohl mit meiner Lieblingsbeschäftigung –/dem Finden von ANAGRAMMEN zu tun hat?
Wenn sich mir heute das Ersehnte (Entbehrte) nähert, wenn es/plötzlich da ist, werde ich eher verlegen, wünsche/es wieder fort (beinahe zum Kukuk!) – bestimmt/aber dorthin zurück, wo meine Sehnsucht es bis zu/jenem Tage so zärtlich zu erforschen sucht
.33

Es ist ein eigentümlicher Wunsch, das Ersehnte lediglich sehen zu wollen. Ich vermute, daß Zürn in der Inszenierung der ewigen Unnahbarkeit einen Rettungsversuch unternimmt. Was sie Forschung nennt, dient nicht dem Wissen, sondern der Errichtung eines illusionären Objekts. In der Entfernung wird die Gefahr gebannt, daß das Objekt vielleicht nicht hält, was sein Anblick verspricht. Die Faszination für das spektrale Ding vergißt die Angst. Zürn scheint auf der Spur früher Verluste zu sein, die sie vielleicht nie hat begreifen können. Die Kluft errichtet einen Sicherheitsabstand, und die Sehnsuchtsspannung schafft einen Zustand ohne Enttäuschung. Zürn bleibt stehen auf dem Weg zum Wissen darüber, was die Verluste in ihr angerichtet haben. Die illusionären Objekte haben für das Subjekt einen prekären Status, denn im Extremfall derealisieren sie die Wahrnehmung. Bezogen auf das Anagramm stellt sich die Frage, was Zürn in dieser zerstückelten Schrift findet oder welchen Verkennungen sie unterliegt. Gibt es im Buchstaben überhaupt je etwas wahrzunehmen oder aufzunehmen?

Die Fragen führen an die Stelle, die nicht umgehbar ist, wenn von Unica Zürn die Rede ist: zum Wahnsinn.

Ich begnüge mich vorerst mit einer kurzen theoretischen Anmerkung: Folgt man der psychoanalytischen Theorie, so ist es die Austreibung des Imaginären (das heißt der strukturierenden Identifikationen/Bilder), die das Subjekt in eine psychotische Krise treiben kann. Identifikationen bilden die grundlegenden Strukturierungen, denn erst in der hergestellten Ähnlichkeit durch Mimesis mit den anderen kann das Subjekt sich verbinden, Distanzen wahren und zur Sprache finden. Zürns distanzierte Forscherhaltung wäre in diesem Sinne zu interpretieren als eine Suche nach sicheren Identifikationen (an denen sie Mangel hat), ohne jedoch ihre Haltbarkeit überprüfen zu wollen und ihre lebendige Übertragung und Fortsetzung einzuüben.

Das Imaginäre (das genetisch vor dem Symbolischen liegt) drückt stets auf die Sprache, da durch sie das Subjekt in der Lage ist, sich zurückzugeben: In jedem Sprechakt nimmt man etwas von dem anderen auf beziehungsweise vorweg, um derart auf Verständigung zu drängen. Ohne diese Dialektik verliert sich das Subjekt. Bleibt es ohne den Halt des Imaginären, versinkt es im Chaos. Hilfe suchend greift es zu den Wörtern, die die Welt ordnen, die nun allerdings nicht mehr das bedeuten (können), was sie einmal bedeutet haben.34 Jenseits der Dialektik verkapselt sich das Subjekt in ein "selbstgenügsames Sprechen"35, eines, das sich nicht vernehmen lassen will.

Es ist zu vermuten, daß die Problematik der Identifikation/des Bildes von Zürn diffus erlebt und wahrgenommen wird, wenn sie die Distanz zu den Objekten einnimmt und sie mit einem weißen Begehren belauert. Da sie selber die Beziehung von Sehen und Sprache, von Anagramm/eingeschlossenem Sprechen und entsagtem Objekt bezeugt, mag es lohnend sein, weitere Hinweise aufzuspüren, die das Verhältnis von Selbstverlust und Kunstproduktion klären helfen.

Gesicht
Gisela von Wysocki schreibt in einer Studie zu Unica Zürn, daß unter dem Gesetz des Anagramms die Dinge bereit sind, "sich tausendfältige Gesichter zuzulegen."36 Die Gesicht-Metapher gibt Gelegenheit, in den Bereich des Bildes und der Identifikationen einzutreten. Dies soll nicht willkürlich geschehen, denn es lassen sich Verbindungen finden, die einen formal-analogen und psycho-dynamischen Zusammenhang zwischen Schrift und Bild nahelegen.

Zürns künstlerische Passion war nicht allein vom Schreiben bestimmt, ebenso leidenschaftlich konnte sie zeichnen. Beide Kunstgattungen hat sie später zusammengeführt: ihre Texte hat sie mit Zeichnungen beziehungsweise ihre Zeichnungen mit ihren Texten illustriert.37

Unica Zürn, 1961

Beim Betrachten der Zürnschen Zeichnungen fällt auf, daß Gesicht und Gesichtspartikel wiederkehrende Motive sind. In Der Mann im Jasmin bestätigt sie die Faszination für das Gesicht:

... es entstehen Zeichnungen von einer gewissen Qualität. Und vor allen Dingen kommt die Konzentration zurück, die notwendig ist, um Anagramme zu machen. Die Nähe des Meeres, das Gefühl der großen Tiefe unter ihren Füßen, wenn sie schwimmt, erzeugen einen Taumel von Freiheit, ein neues Gefühl des Glücks. Seit jeher besessen von Gesichtern, zeichnet sie Gesichter. Nach dem ersten zögernden "Schwimmen" der Feder über dem weißen Papier entdeckt sie den Ort für das erste Auge.38

Das Zeichnen von Gesichtern und das Schreiben von Anagrammen reihen sich nebeneinander. Es scheint jedoch, als würde der zwischengeschobene Satz eine Konjunktion verhindern. Ist aber die Rede von dem "Gefühl der großen Tiefe" nicht die Verbindungsklammer zwischen beiden?

In ein Anagramm sich zu versenken, kann Genuß bedeuten, aber auch den Schrecken der Bodenlosigkeit mit sich bringen. Der Blick in ein Gesicht kann sowohl die Dialektik des Austauschs begründen als auch den Verlust und die Verlorenheit des Selbst anzeigen: Ich verliere mich in dir, weil ich nicht erkenne, was du bist. Neben der Stimme ist das Gesicht dasjenige, das die meisten Signale zum anderen aussendet. Schon in der frühen Kindheitsphase ist das Wiedererscheinen der gleichen Gesichter und des sprechenden Blicks wichtiger Bezugspunkt für eine Orientierung, für das Gefühl der Sicherheit, für die Grundlegung der Identifikationen. Kristeva spricht davon, daß Stimme und Blick Markierungen einer sich errichtenden Stabilität sind.39 Die Bilder Zürns haben eine doppelte Charakteristik, die darauf schließen lassen, daß diese primordiale Stabilität fehlt und gesucht wird. Fast immer ist das Gesicht bei Zürn mit verwirrender und dichter Ornamentik versehen, oder mit bedrohlichen Symbolen durchsetzt. Zumeist verschwimmen verschiedene Gesichtsdarstellungen ineinander, werden nur Teile des Gesichts aufgenommen und surreal montiert. Es sind fraktalisierte Gesichter, die wie zusammengepreßte Fischschwärme erscheinen oder die von urtierhafter, krakenhafter Gestalt sind, manchmal sogar "Scheußlichkeiten, Großaufnahme aus dem Film des krampfartigen Häute-Komplexes".40

Wieder und wieder erscheint das Augensymbol, das im Wirrwarr klemmt und dem Gesicht entflohen zu sein scheint. Lacan sagt von dem Auge, daß es sehr oft das Symbol des Subjekts ist.41 Das Auge trägt meines Erachtens die Gefahr der Ausdruckslosigkeit, wenn es nicht Teil einer Physiognomie ist. Folgt man in diesem Sinne der Aussage Lacans, dann ist das Auge der Ausdruck des hohlen oder des unstabilen Subjekts, das sich nicht zu fassen gibt.

Dieser Qualität des Nichtfixierbaren begegnet Zürn mit der Geste der Umkreisung. Die Mehrzahl ihrer Gestalten sind streng umzeichnet, von einer Linie begrenzt. Man gewinnt nicht den Eindruck, daß die Vielfalt im Inneren nach außen dringen soll. Embryonal sind die Dinge umfaßt, sollen festgehalten werden.

Die Analogie zum Anagramm ist eklatant: Auch hier herrscht im Inneren von facettierter Vielfalt bis zur Wirrnis ein Überhang an ungeschiedener, destabilisierter oder flüchtiger Bedeutung. Die Einrahmung erfolgt bei der Schrift durch den Mangelsignifikanten und die Ausschöpfung seiner Möglichkeiten. Die Entsprechung bei der Fläche besteht darin, daß Zürn nur selten Leerstellen frei läßt; sie sättigt das Blatt.

Die Gesichterpartikel, auch wenn sie zusammengepreßt werden, kommen nie zusammen, es ist immer auch ein Ausweichen und eine Unvollkommenheit in ihnen. Die Bilder scheinen der Ausdruck nie vollendeter Identifikationen zu sein, einer imaginären Leere, die im Artefakt überwunden werden soll. Bei Zürn drängt sich der Verdacht auf, daß die Unsicherheit, die die Faszination für das Gesicht speist, schon auf basaler Ebene durch eine Störung, einen Verlust entstanden ist. Was sie nämlich antreibt, ist die Suche nach dem einen Gesicht, nach dem Ein. Das ist ein grandioses Phantasma, da es eine ursprüngliche Sicherheit und Ganzheit aufruft, die vor der Entdeckung der Vielfalt der Welt liegt. Ich zitiere aus Notizen einer Blutarmen, wo die Vergeblichkeit und der Mangel am einzigartigen Objekt benannt wird.

Die Quersumme aller Gesichter, mit denen ich lebte, ist erschienen. Es existiert, dieses Gesicht! Endlich habe ich es im ganzen gesehen und begriffen. Bei dem einen ist eine Spur um Schläfen und Augen, im Inneren der Hände und im Gang, der das Schwindelgefühl ausdrückt – (bei meinem Sohn) – bei dem anderen ist es um Mund und Kinn und in der Magerkeit der Schultern – (bei meiner Tochter). Aber das sind nur zwei – nur zwei von so vielen Steinchen, die an dem Bilde bauen. Wie lange? So lange ich denken kann. Woraus ist mein Unglück entstanden? Aus der Verwechslung von Gesichtern mit dem einzigen Gesicht. Weil meine Kindheit aufhörte, in einer Stunde, in der ich das Drama meiner Eltern begriff, brach da auch der wunderbare Instinkt für das einzige Gesicht? Irrtümer fingen an. Jeder Irrtum mit einem Jubelschrei: hier ist es, das Gesicht! Es war etwas um Mund und Nase – etwas anderes um Stirn und Schläfe. Immer nur eine Spur. Niemals das ganze Bild. Dreimal zog ich mich heftig zurück, auf ein Bett im Krankenhaus. Jeder Irrtum endete im Hospital, machte mir Fieber, verbog mir die Knochen und ließ mich als Neugeborenen, so dumm als je zuvor, zurück. Nun aber werde ich mich hüten, je wieder einem Gesicht nachzujagen.42

Wenn Zürn behauptet, das eine Gedicht erblickt zu haben, dann wird man ihr kaum Glauben schenken können und eher zu der Annahme neigen, daß sie wiederum einer Verkennung unterliegt. Denn wie kann es dies eine Gesicht geben, wo die anderen Gesichter sich am Ursprung als Irrtum und unhaltbar erwiesen haben. Das eine Gesicht wäre ein halluzinatorisches und weniger von realer Art. Es wäre Zeichen einer geschichtslosen Leere, eines Stillstandes, mithin eines Objekts ohne Rest.43

Die Erkenntnis des Dramas ihrer Eltern ist nur die Umschreibung davon, daß begonnene Identifikationen zur Auflösung gekommen sind, daß sie nicht zuende gelebt werden konnten. Ein Riß entsteht und das Subjekt fällt zurück in den Zustand eines hilflosen Kleinkindes (Krankheit, Dummheit).

In ihrem Text Eindrücke aus einer Geisteskrankheit beschreibt sie die Genese der Sucht nach dem Gesicht. Kindheitsphantasien und Halluzinationen und die Arbeit an der Zeichnung nehmen als Ersatzreales die Stelle ein, wo im Imaginären ein Loch gerissen und der Austausch lahmgelegt ist:

In dieser Bemalung entdeckt sie Gesichter, so wie sie es als Kind erlebt hat oder im Zustand einer fiebrigen Krankheit. Eine Masse von Gesichtern, dicht aneinandergedrängt. Jedes Gesicht sieht anders aus, und doch scheinen sie aus einer einzigen sehr großen Familie zu stammen. Die Züge sind einander verwandt. Diese Gesichter bewegen sich, sie verziehen den Mund zu einem Lächeln, sie rollen mit den Augen, sie können sich zu einem lieblichen Lächeln verwandeln, ebenso wie in die Grimassen des Zornes, der Traurigkeit oder des Wahnsinns.
Sie wendet die Augen ab und blickt auf den Fußboden: Wo sie hinsieht, sind Gesichter, die sich bewegen. Sie hat einmal von sich selbst gesagt: "Ich bin beim Zeichnen von Gesichtern besessen." Einige Stunden vergehen mit diesem Schauspiel, das ihre ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt. Sie erkennt in diesen Gesichtern, die sich teilweise zwischen sehr kostbar gezeichneten Blumen- und Pflanzenblättern befinden, Gesichter, wie sie sie selbst schon gezeichnet hat ... Sie sieht also ,neue' Wesen, an die sie bisher nie gedacht hat. Sie betrachtet dieses Schauspiel als eine kostbare Unterrichtsstunde im Zeichnen, aber sie weiß zugleich mit einem großen Bedauern, daß es ihr unmöglich sein wird, solche phantastischen und in der Technik vollendet schöne Wesen zu zeichnen.
44

Unica durchlebt in ihrem Schau-Spiel eine Entspiegelung, das Mißglücken ihres Narzißmus. Das Bild, das ihr Vor-Bild für das eigene Heil sein könnte, ist so übermächtig und gleichzeitig in seiner Zerstückelung so unvorstellbar, daß sie an ihm scheitert. In dem Moment, wo das Bild-Objekt erscheint, er weist es sich als unfaßbar. Der Schock der Leere macht das Subjekt entweder ausdruckslos, läßt es in den Zustand der Zerstückelung zurückfallen ("Jeder Irrtum verbog mir die Knochen.") oder läßt es an einem frühen, entlebendigten Ideal zwanghaft festhalten.45 Zwar ist jedes Subjekt mit Unvollständigkeit geschlagen, aber da sie im Normalfall noch am Imaginären teilhat und es speist, bewirkt sie, daß das Subjekt begehren und lieben kann. Bei Unica geht der Wunsch nach Vollendung jedoch unmittelbar zum Punkt des Abbruchs der Geschichte. Das perfekte Bild ist halluzinatorischer Art und damit gleichbedeutend mit der Aufkündigung des Realitätsverhältnisses. Nur hier, im Kosmos der Zeichen, würde sich das Begehren nach dem Anderen-Objekt realisieren. Jenseits der Halluzination lebt das Subjekt in der Frustration der Bilderlosigkeit, der verlorenen Identifikationen.

Das entschwundene Gesicht ist verlorene Bedeutung, mehr noch, für Unica wirft es den Schatten des Todes. Nicht sehen und nicht wissen und warten auf das Wunder – das ist die Situation des hinausgeworfenen Kindes.

Mein Wunder hat etwas von einem Gesicht. Von einem bestimmten und tödlich wirkenden Gesicht. Ich schäme mich, es auch nur im entferntesten zu beschreiben. Man wird sehen — nein, man wird garnichts [sic] sehen.46

Die innere Blindheit bannt den äußeren Blick, der die ewig changierenden Gesichter abtastet, nach einem Halt sucht, nach dem Wiedererkennen. Zürns Zeichnungen nehmen diesen gebannten Blick zum unaufhaltsamen und untreuen Objekt auf. Im Bereich der Sprache verfährt das Anagramm ganz analog: Der Ausgangssatz hält nicht sein Versprechen nach Konsistenz und Persistenz; er wird nicht weitergeführt, sondern auseinander gebrochen und neu gefügt. Plötzlich spricht er von etwas ganz anderem. Das Anagramm ist tatsächlich wie eins dieser Gesichter, auf das kein Verlaß ist; es entzieht sich und wechselt sich mit einem anderen aus, das anderes bedeutet. Die Häufung von Anagrammen in einem Gedicht ist wie die Ballung von Gesichtsaspekten in einer Zeichnung: Es wird darin die Hoffnung artikuliert, daß die Quersumme das Ganze ergeben möge.

Letztendlich bleibt das Drama, daß trotz der Umfassung nichts zusammengeht; es bleibt der Mangel, die Traurigkeit. Die Kunstwerke nehmen den Versuch auf sich, das Verlorene wiederzubringen. Ihr Sprechen ist allerdings eines, das aus der Spur geraten ist. Der Schrecken vor der Leere kann nicht im Bild des anderen gebannt werden; stattdessen wird er gemildert in einem stillen und festgefahrenen Symbol, dessen Wandlungen das Band mit den Referenzen heillos verwirrt hat. Das Subjekt hält inne in der Bewegung seiner Selbstkonstitution und verharrt bei seinen melancholischen Objekten. Diese nehmen als (illusionäre) Gewißheiten den Platz ein, den vorher andere Bedeutungen besetzt hielten.

Exkurs: Psychotische Poisis und Anagrammatik
Dem Psychotiker dämmert, daß er haltlos in der Welt steht. Etwas hat aufgehört, ihn zum Dialog aufzufordern. Nicht einmal die Kategorie des Verlustes steht ihm zu Gebote, in der noch die Abwesenheit symbolisch zu bearbeiten wäre. Er ist konfrontiert mit der reinen Abwesenheit. Ohne den verinnerlichten imaginären anderen (der auch jeden Monolog zu einem Dialog macht) bleibt unklar, von wo das Sprechen kommt und wer die Bedeutungen generiert. Dieser Umstand der Undeutlichkeit des Aussageortes ist auch konstitutiv für das Anagramm. Die Antwort auf die Frage: wer spricht (das Subjekt, das Objekt oder die ins Außen auf die Dinge projizierte Stimme des Subjekts?), verliert sich in der Opazität des Textes. Das Anagramm kreiert als Fundsache eine surreale Gegebenheit. Ganz ähnlich haben die Bedeutungen für den Psychotiker nicht selten die Charakteristik von Erscheinungen. Diese streben zur inneren Homogenisierung, zur Errichtung einer monadischen Wahrheit oder Identität, die die Revision im dialektischen Prozeß nicht zuläßt.47 Die Zeichen müssen mit Gewißheit ausgestattet werden, gerade weil jeder Moment falsche Zeugen, falsche Gesichter auf die Bühne bringt. In der psychotischen Poiesis werden die Dinge in überraschender Wendung mit Neubedeutungen ausgestattet, die nun als "Stillstandsformen"48 signifikative Sicherheit vermitteln (was allerdings nicht ausschließt, daß sie gelegentlich ein bedrohliches Gepräge haben).

Eine mögliche Verfahrensweise der psychotischen Neukonstruktionen besteht nun darin, daß sie als Rangiersystem das phonematische Material benutzen. Die Ähnlichkeit mit den anagrammatischen Umbauweisen ist offensichtlich. Einige Beispiele sollen zur Veranschaulichung zitiert werden.

Marcel Czermak berichtet von einem Patienten49: Eine innere Stimme hat ihm den Befehl auferlegt, aus dem Fenster zu springen. Der Patient folgt der inneren Aufforderung; er überlebt den Sturz. In der Analyse, die er nach dem Suizidversuch beginnt, berichtet er dem Analytiker davon, welches Verhältnis er zur Sprache hat. Er glaubt zu wissen, daß das Sprechen Leben zu bringen in der Lage ist und eine Fruchtbarkeit für den Sprecher hat – nur eben nicht für ihn.

Der Sprung aus dem Fenster und die Unmöglichkeit zur lebendigen Sprache zu finden, verknüpfen sich für dieses arme Subjekt in einer Sprachmodulation: parier fait naitre bildet eine Paraphonie zu par la fenetre. Für den Mann, der aus dem Fenster sprang, hatte die reine halluzinatorische Stimme eine unumstößliche und unausweichliche Wahrheit. Hätte er die Schrift gesehen, ihm wären vielleicht Zweifel gekommen.

Man kann sagen, daß ihm das Lesen abhanden gekommen ist. Der Körper sucht den Tod, den vorher bereits das Symbolische gefunden hat.

Die Paraphonie ist kein Anagramm, beide stehen aber in Nachbarschaft zueinander, da sie Bedeutungswandlungen über den Klang erzeugen. Im vorliegenden Beispiel liegt zwar unterschiedliches Buchstabenmaterial vor, doch könnte man die Konstruktion als "phonetisches Anagramm"50 kennzeichnen: Der Ausgangssatz parier fait naitre wird nämlich auseinandergerissen und im Anschluß zu par la fenetre neu montiert. Der Sinn schlägt um in einen anderen; Sinn tötet Sinn.

Ganz ähnlich erfolgt die symbolische Katastrophe und Neudeutung bei einem anderen jungen Mann. Eine psychotische Episode beginnt in dem Moment, als ein Freund in seiner Anwesenheit die Türe hinter sich schließt, um sich in Ruhe auf ein Examen vorbereiten zu können. Für den jungen Mann verschwindet jemand aus seinem Blickfeld. Daraufhin hat er den Eindruck, daß er verfolgt wird von jemandem, der ihn zu töten beabsichtigt. Ohne Bild ist er nichts, zum Tode verdammt. Unschwer erkennt man in dieser Szene das Drama des sprachlosen Kindes, dem sein Gegenüber abhanden gekommen ist, und dessen Fort-Sein es symbolisch nicht zu bearbeiten vermag. Der Verlust des Selbstgefühls durch den Abgang eines anderen und der Verfolgungswahn drücken sich im Französischen durch die Überlagerung zweier Phrasen aus: on me suit (jemand verfolgt mich) und on me suis (jemand bin ich). Das on/jemand wirkt wie eine Nichtung des Subjekts, das doch eigentlich vor dem anderen zur Anerkennung seiner selbst gelangen könnte: Ich bin ich. Der Sinn der Dinge springt gerade so wie die Sätze im Anagramm; die Identität einer Sache geht über in eine ganz andere.

Solche "Uberraschungseffekte"51 kennt auch der Senatspräsident Schreber. "Gewunderte Vögel" hört er sprechen, denen er hin und wieder zum Zeitvertreib Worte als Futter hinwirft. Diese Vögel wissen nicht, was sie sagen, aber es ist ein Spiel mit lautlichen Äquivalenzen, das sie aufführen. In die Kategorie Lautanagramm passen folgende Beispiele:

Chinesenthum/Jesum Christum; Briefbeschwerer/Herr Prüfer schwört. Schreber spricht in einer Fußnote vom "Aufschreibe- und Sprechmaterial"52. Es liegt nahe, in diesem Ausdruck die Dominanz des Signifikanten über das Signifikat zu erkennen. Und wer könnte schon mit plappernden und unverständigen Vögeln sich unterhalten. Die Psychose räumt auf, entleert die symbolisch geordnete Realität. Ein Wort, ein Gegenstand oder eine Geste wird verworfen, um in einer Neukonstruktion eine Wiedergutmachung zu erfahren. Die Wiedergutmachung kommt allerdings einer Austreibung der Dialektik gleich, die ihre Konsequenz im Verlust des Ich hat.

Die Aufgabe des Ich kommt unmittelbar zum Ausdruck in der Beseitigung des Eigennamens. Wird dieser hergegeben, wird auch die Person verneint und die Herkunft aufgekündigt. Zwei Beispiele zeigen, wie mit Hilfe (para-)ana-rammatischer Strategien dieses Ziel erreicht wird.

Gerard Primeau, ein hospitalisierter Patient, gibt in einem Interview Auskunft über seine Umbenennung. Da er die Sprache als geschichtet auffaßt ("strata/substrata"), kann er seinen Namen dekomponieren, was ihn zu Geai Rare Prime Au (Seltener Häher Erster In) macht. Wie beim Anagramm erscheinen auch hier die Merkmale von Zerstörung und Aufbau innerhalb der Vorgabe eines gegebenen Materials. Zudem versieht Primeau diesen Akt mit einem Kommentar, den Unica Zürn über ihre Anagrammarbeit hätte sprechen können: "I had fragmented my name to create ... Imposed Speech is an emergence which imposes itself on my intellect and which has no meaning in the ordinary sense. These are sentences which emerge."53

Die Sätze kommen wie eine Fremdgewalt über das Subjekt, das nicht weiß, was da eigentlich spricht und gesprochen wird. Primeaus poetischer Automechanismus läßt ihn zurückkehren in den Zustand, wo es die Namen noch nicht gab, nur ein mysteriöses, klingendes und unfaßbares Außen: "I tried, by poetic action, to find a balancing rhythm, a music. I was led to think that Speech is the projection of an intelligence which arises toward the outside."54

Anzumerken ist, daß Primeau das, was er "intelligence" nennt, nicht nur in der Musik der Worte findet, sondern ebenso im Strahlen der Gesichter. "I seek beauty whkh radiales. ... I seek ... this irradiation of the face which puts one in relation with this sensitive intelligence."55

Die sensitive Intelligenz evoziert das Namenlose, das ekstatische Licht.56 Wird in den Worten und den Gesichtern die Lust wachgerufen, die nur das mythische Urweibliche zu geben vermag, eine Mutter, die als Ewig-Kommende Klang, Farbe, Licht, Rhythmus mit sich bringt? Deutlich erkennbar ist die diffuse Subjekt-Objekt-Relation: Die Ränder verschmelzen oder das Innen erscheint als Außenprojektion. Die ästhetischen Erscheinungen können in diesem Sinne als inzestuös beschrieben werden, da sie die Kraft haben, den Zustand vor dem Sprechen mit dem anderen wachzurufen. Primeaus Kommentar und Deutung scheinen dies zu bestätigen, denn Wort und Antlitz zeichnen sich durch "sensitivity" und "no meaning" aus.

Wie Primeau geht auch eine andere Person den Weg zurück zur dyadischen Mutter-Kind-Einheit – und zum Anagramm in seiner strengen Form.

Jean-Claude Schaetzel berichtet über einen Analysanten mit dem phantastischen Namen Bronzeheimet.57 Die psychotische Krise für Bronzeheimet besteht darin, daß er seine Herkunft verloren hat, daß matrilineare und patrilineare Genealogien verwirren und abbrechen, Identifikationen und Besitzansprüche und -wünsche einander widersprechen. Bronzeheimet ist ohne Ort, denn er hat seinen Namen verloren/verworfen. Er versucht, das Verlorene zu finden auf Ämtern, in Urkunden, und er sucht auf alten Photographien nach einem Zeichen der Liebe zwischen seinem Vater und der Mutter, denn ihre Liebe wäre die Bestätigung seiner Herkunft. Doch er findet nichts (auch wenn er es sieht), denn er ist blind für die Realität, zu der er keinen Zugang mehr hat. In der Therapie gelingt ihm der unmögliche Rettungsgriff: Er erfindet einen Namen für sich. Das Unmögliche an diesem Akt liegt nun darin begründet, daß er nicht dem Modell einer (Selbst-)Taufe folgt, sondern dem einer Geburt. Bronzeheimets neuer Name ist nämlich ein Anagramm aus seinem Vornamen und des Nachnamens seines Therapeuten. Wir durch Zufall ist dieses Anagramm ein doppeltes, denn es enthält gleichzeitig den Vornamen des Therapeuten. Um dem Geburtsakt Form zu geben, nimmt Bronzeheimet ein Blatt Papier und stellt sich selbst eine Geburtsurkunde aus. Dieses Schrift gewordene Anagramm ist der Kreuzpunkt für verschiedene, einander widersprechende Strebungen: Aufkündigung der eigenen Identität und der des anderen; Beschaffung einer neuen Identität; Verschmelzung mit dem Objekt durch die Vermischung der Signifikanten; Lossagung von der realen Geschichte zugunsten einer halluzinatorischen Genealogie. Der Mann gebiert sich selbst und bleibt doch auf geheime Weise in der Umklammerung mit einer Mutterfigur, die in den Buchstaben sich versteckt hält. Die Leere, die durch die Unbeantwortbarkeit der Herkunftsfrage entsteht, wird mit einem Wort-Objekt besetzt. Dieses Wort treibt das Wissen(-wollen) aus und verschleiert das unglückliche Begehren. Der Name aus Namen hüllt das Subjekt in eine Sicherheit; sein Sprechen verkündet hingegen das Gegenteil: das Verlorensein. Dieses von Bronzeheimet produzierte Anagramm hat meines Erachtens paradigmatischen Wert für die Analyse der Zürnschen Texte. Das Wortprodukt berührt die Grenze des Delirs, wo sich Bilder einzustellen beginnen, die einen unbenennbaren und unerkannten Verlust ungeschehen machen oder doch zumindest lindern sollen. Gleichzeitig können sie in dieser Funktion nicht umhin, den Verlust wachzuhalten: Wie anders wäre es zu deuten, daß Zürn die widerstrebenden Empfindungen von großer Lust und Traurigkeit bei ihren Anagrammen empfindet.

Verlorene Objekte
In Der Mann im Jasmin erzählt Unica Zürn zwei Episoden, in denen sie den Eintritt in den Wahnsinn mit ihren Anagrammen in Verbindung stellt. Der Ablauf der einen Begebenheit ist wie die Spiegelverkehrung der anderen; das Resultat ist in beiden Fällen das gleiche: Wollüstige Vereinigung mit dem Wortkörper gegen die Welt.

Das alte gefährliche Fieber der Anagramme hat sie gepackt. Eines nach dem anderen entsteht. Gefährlich für sie, weil sie sich wieder vollkommen gegen ihre Umwelt abschließt. Eine neue Krise, von ihr nicht bemerkt, kommt auf sie zu. Keine Halluzinationen, nichts Außergewöhnliches, aber man bemerkt eine Veränderung an ihr. Sie schläft und ißt nicht mehr, sie will frei sein. Sie erklärt, allein leben zu wollen. Dieser Wunsch, der jedesmal zu einer Katastrophe für sie führt und dessen Folgen sie kennt, aber im kritischen Augenblick wieder vergißt. So behutsam, daß sie es kaum bemerkt, schließt sich wieder eine Tür hinter ihr: Sie befindet sich in der psychiatrischen Klinik von La Rochelle.

Verloren für alle vernünftigen Gründe oder Überlegungen, unterbricht sie die lange und ernsthafte Freundschaft mit dem Mann, der sie damals mit sich nach Paris genommen hat, um sein Leben mit ihr zu teilen. Sie entschließt sich, nach Berlin zurückzukehren ...
Diesen letzten Pariser Tag verbringt sie mit Freunden und bittet diese, ihr eine starke und wunderbare Musik vorzuspielen ... Vielleicht hätte sie an diesem Tage lieber die berühmten Trompeten von Jericho gehört – eine Musik, die einen großen Untergang verkündet. In Gedanken versunken bleibt sie ausgestreckt auf einem Bett, und plötzlich beginnt das Innere ihres Körpers deutlich auf die Fragen zu antworten, die sie sich stellt ...
Diese vagen Töne in ihrem Körper werden in dieser Nacht zur verständlichen Sprache. Die Stimme eines Dichters, den sie kennt und verehrt, spricht in der Tiefe ihres eigenen Bauches ein Anagramm, das sie aus einem Satz gemacht hat, den sie in einem der Bücher dieses Dichters fand. Dieser Satz heißt: Und scheert ihr Rosenbärtlein ab.

Mit tiefer, unendlich beruhigender Stimme spricht er dieses Anagramm:

Tristan neben Isolde. Herber Rauch
irrt über das harte Leben. In schon
bleiche Birne aus sternroter Hand
bau'n die Lerchen ihr Nest. Aber rot –
rebenrot schneit es Baldrian-Ruhe
.58

Das Anagramm ist für Zürn offenbar ein Ort der Abkehr. Sie verläßt den Freund und mit ihm das imaginäre Zentrum, wohin die Liebe das Subjekt stellt. Unica kreist in einer Art wahnsinnigen Liebe um ein halluzinatorisches Sprachgebilde.

In beiden Episoden nimmt der Text die Stelle ein, wo vorher der Kontakt mit der Umwelt und mit den Menschen war: entweder als Arbeit an der Schrift oder als Stimme, die aus ihrem Bauch kommt (verschluckte, gefressene Worte), um die Einsame mit einer Musik zu beruhigen. Das Sich-Versenken in die Worte ist kein Spiel mehr; dieser Mensch bezieht eine Behausung, die keine Durchgänge mehr hat.

Der Abschied von dem Geliebten wird von dem Glauben an Unabhängigkeit und Freiheit genährt; was er wirklich inszeniert, ist der Verlust, die radikale Einkehr in die Einsamkeit. Widersprüchlich zu dieser Deutung scheint die Tatsache zu sein, daß die Trennung auf der Darstellungsebene eher undramatisch und, was den Wortaufwand betrifft, beiläufig abgehandelt wird; die Leidenschaft scheint ganz bei den Worten zu sein. Zur Erklärung mag eine allgemeine Beobachtung nützlich sein.

Liest man Berichte von Psychotikern, so fällt auf, daß fast immer ein Moment erscheint, wo das Subjekt etwas verliert, verlassen wird oder in der Angst vor einem Verschwinden steht. Es ist ein befremdliches Merkmal dieser Schilderungen, daß sie emotional nie das widerspiegeln, was sie bedeuten. Sie sind in der Tendenz kalt, ohne Schmerz und Verzweiflung. Etwas kommt zum Abbruch – manchmal nur einen Augenblick lang oder auch für Wochen – bis dann alles durcheinander gerät. Das Verlorene, das dem Außenstehenden oft recht nichtig vorkommt, trägt in jedem Fall jedoch eine symbolische Überlast, die das Subjekt mit früheren Verlusten in Verbindung bringt. Das Verschwinden der symbolischen Sache reißt ein Loch, stellt das Subjekt vor eine Leere, die es perplex macht.59 Lacan meint, daß jene Phase in der Ontogenese reproduziert wird, wo die Objekte, "von einer unsäglichen Fremdheit verwandelt, sich als Chocs, Rätsel und Bedeutungen enthüllen."60

Das Trauma des Nicht-Verstehens erzeugt die Verwirrung, die Depression, Halluzinationen und zuweilen den Suizid. In den Texten Zürns stößt der Leser wieder und wieder auf Schilderungen solcher Bedrückungen, die der ganze Reichtum der Frau ist.

Das Unglück füllt mich wie ein Konzert mit reinen, trunkenen Tönen. Ohrenbetäubend und niederschmetternd, wie ein langer Gesang von Sommerkindern.61

Das Anagramm ist der Kindergesang, das Singen eines Kindes, das nicht versteht, warum es so unglücklich ist. Mit seinem Gesang holt es die Stimme zurück, an der es ihm mangelt, die Stimme, die nicht zu ihm gesprochen hat.

Das Aufscheinen des Anagramms im Moment der Trennung wiederholt offenbar Szenen der Unterbrechungen aus früher Zeit und die einsame narzißtische Tröstung durch Selbstaffektion. Sprache ist kein symbolischer Einsatz zum Zwecke des Austauschs, sie ist das Phantasma einer großen Einheit ohne einen anderen. Der leere Platz muß mit Bildern bestellt werden, die die eigentliche Tragödie vergessen machen sollen. Die Texte drängen daher auf Abschluß, auf Vervollständigung, sie wollen ohne Rest sein, aus dem für gewöhnlich Geschichte kommt: undurchlässiges Universum.

Das Anagramm ist der unmögliche Versuch, eine reine Anwesenheit zu konstruieren. Normalerweise steht ein Sprachakt in der Dialektik von An- und Abwesenheit: Indem die Worte sich in die Welt stellen, nehmen sie den Platz für ein Nicht-Vorhandensein ein: ich spreche da, wo ich nicht im Sein der Sache bin. Die Aufrufung der Sache macht sie mir jedoch gegenwärtig, ich verfüge wenigstens noch über den Verlust. Diese Dialektik ist geradezu notwendig, um dem Gegenwärtigen einen Sinn zu geben, der eben nur durch die Differenz zu dem Abwesenden einsteht. Die Abwesenheit ist nicht einfach nur eine Leere, sondern etwas Symbolisierbares. Ist die bisherige Analyse des Anagramms stichhaltig, dann hat der Text eine so große Nähe zum Körper (die Stimme aus dem Bauch), daß die für das Symbolische notwendige immaterielle Transzendenz zur Abwesenheit fehlt: Das Anagramm ist Buchstabenkörper, Singstimme, Gesicht. Die unmittelbare Gegenwärtigkeit verdeckt den unerträglichen Aspekt der desymbolisierten Abwesenheit. Gleichzeitig verfehlen die Texte dieses Ziel der distanzlosen Nähe. Ohne halluzinatorisches Halo enthüllen sie ihren traurigen Charakter. Letztendlich nimmt das Anagramm in seine Form die Qual auf, gegen die es geschrieben wurde. Gänzlich enthebt sich die Sprache nicht des Sprechens und in ihrem vollen Sein wird sie die Verlassenheit immer wieder in Erinnerung rufen.

Zürns Rekurs auf die Traurigkeit sucht allerdings den Ort, wo das Symbolische kraftlos ist. Die Emotion der Traurigkeit ist nämlich zu unterscheiden von der der Trauer. In der Traurigkeit kennt das Subjekt nicht das Objekt, das ihm fehlt; in der Trauer weiß es, unter welchem Mangel es leidet.

Ich vermute, daß die große Dunkelheit und Melancholie der Zürnschen Anagramme aus dem Umstand resultiert, daß eine basale Trauerarbeit nicht erbracht worden ist. Die These wäre zu vertreten, daß die Fähigkeit zur Symbolisierung, also die Erlebbarkeit der Differenz von fort/da nur durch eine vorgängige Trauerarbeit möglich ist. Etwas muß als abwesend erlebt worden sein und nicht einfach als ein in ein Nichts spurlos Verschwundenes. Die Trauer erzeugt Rituale, die das Verlorene benennen, symbolischen Ersatz schaffen und die schließendlich den Verlust verwinden helfen.

Zur Illustration ist an Freuds Schilderung des Fort-Da-Spiels eines Kindes zu erinnern, das das Modell für eine Trauerarbeit ist: Das Kind wirft eine Spule über den Rand seines verhängten Bettchens. Das Verschwinden der Sache wird mit einem bedeutungsvollen "o-o-o-o" kommentiert. Anschließend zieht das Kind an einem Faden die Spule zurück und begrüßt das Erscheinen mit einem freudigen "Da". Freud interpretiert dieses Spiel als Entschädigung für das Verschwinden der Mutter.62 Das Hantieren mit der Spule und die dazu gesprochenen Laute bilden das Ritual der Bewältigung; Ding und Klang der Stimme sind der symbolische Ersatz für etwas anderes. Ohne diese Produktion auf der Ebene der Zeichen würde lediglich ein Nichtverstehen einsetzen; die Abwesenheit wäre ein sinnloses Vorkommnis, weil es ohne Differenz ist.

Das Perplex-Sein (oder theoretisch gesprochen: die Verwerfung) ist dieser Zustand ohne Trauer.

Die Unmöglichkeit der Trauer erzeugt die Traurigkeit und die Depression. Dem primordialen Ich ist etwas entzogen worden, wodurch das Subjekt in Verzweiflung gerät, ohne daß es wüßte, an was es ihm mangelt. Der Affekt und die Emotion müssen als präsymbolisch bezeichnet werden, da sie nicht die Leuchtkraft haben, den Grund ihrer Verursachung erscheinen zu lassen.

Was, um Himmels Willen, ist in mich gefahren? ... Wer? Er oder Es! Dieses Es, das mich in diesen letzten Tagen von allen Seiten ansieht ... Das Namenlose ist schlimmer als das, dem man einen Namen (selbst einen falschen Namen) gefunden hat: Wintermelancholie – Todesahnungen – Einbildungen – das ist sein Name!63

Das Leid entspringt einer Verfassung, wo es stabile Objektbeziehungen (noch) nicht gibt. Der dumpfe Schmerz ist ein "archaischer Ausdruck", der seinen Ursprung an der genetischen Stelle hat, wo Subjekt und Objekt noch nicht äußere Agenten in der Realitätskonstitution sind. Das Leid, die Wintermelancholie kommen aus einer "narzißtischen Wunde".64 Wenn Zürn meint, daß auch die falschen Namen die Wunde zu bezeichnen vermögen, so verkennt sie, daß sie noch fern von der Trauerarbeit ist, die allein die eigentliche Erleichterung zu bringen vermag. Auch der poetische Text, der den todernsten Moorgesang anstimmt, nimmt ja nur die Stelle der Leere ein, ohne das Eigentliche zurückzurufen; er bleibt außerhalb der symbolischen Dialektik. Er ist in diesem Sinne ein ideales und zugleich melancholisches Objekt, da er sowohl Ganzheit suggeriert als auch "Ichverarmung" (Freud) anzeigt.

Die Abspaltung der depressiven Emotion von der Objektrepräsentanz führt zu einem ewig fließenden Schmerz, der sich beständig neue Gestalten sucht.

Liebe, Raben Sehnsucht, Tod, an irrer Leere bricht der Sinn.65

Jacobson/Kristeva behaupten, daß in bestimmten Formen narzißtischer Depression die Traurigkeit zum eigentlichen Objekt der Pflege und Kultivierung genommen wird, weil das Subjekt Mangel an anderen Objekten hat. Hinzuzufügen wäre: weil es Mangel an Trauer hat.66 Ohne Trauer zeigt das Leid auf nichts als sich selbst: "Was soll ich denn mit dem Glück beginnen, nachdem ich mich so im Unglück eingerichtet habe."67

Zürns anagrammatisches Schreiben ist ein Versuch, das verlorene Ideal zu beschwören und im Kunst-Fundstück zu ergreifen. "Zuende zu/suchen, zu sehn und zu finden, geht fern."68 schreibt sie in einem Anagramm. Die Ferne scheint die Vergangenheit zu sein, und die Kunst artikuliert die Sehnsucht, dorthin zu gelangen. Allerdings ist die Wiederkehr nur in der Verstellung und Umgießung möglich.

Und die Bewunderten ziehen in mich hinein und legen sich zu den übrigen, wenigen Schätzen, die noch aus der Kindheit kommen. Das brennt, das regt sich, das bildet und kommt von Zeit zu Zeit zurück – in einer Zeichnung oder in einem Anagramm – ausgegossen und umgeformt.
Und so, wie diese Schätze beruhigen, so beunruhigen sie auch.
69

Die Sätze hegen eine Hoffnung, weil sie an ein Heil denken lassen. Doch sogleich meldet sich die Beunruhigung, dessen Ursachen von Zürn nicht benannt werden. Sie führt den Text weiter, indem sie für sich die Unvorstellbarkeit von Harmonie und Nähe postuliert. Tatsächlich sind Hoffnungen, Wünsche, Gemeinsamkeiten nur vor dem Horizont ihrer Negation sinnvolle Konstrukte, und es ist genau diese Negation, die als virtuelle Gegebenheit den großen Schrecken mit sich bringt.

Der Schrecken ist in Zürns Literatur ständig gegenwärtig; die Worte umkreisen ihn, ohne ihn berühren zu können. Letztendlich bleibt er als Bedrohung geheimnishaft.

Unica hält sich die Liebe vom Leib, weil sie die Aspekte unerträglicher Verluste wachruft. Das ist ein vergeblicher Versuch, denn in der Abkehr haust der Tod, der der Verlust schlechthin ist.

Ihr Liebesphantasma vom weißen, gelähmten Mann in Distance, der lediglich zu ihr spricht, gibt diesem Tod im Leben einen Ausdruck: Das Berühre-mich-nicht erzählt nicht von Unschuld, sondern von der schmerzvollen Erfahrung mit der Berührung.70 Dieser weiße Mann, der der reine Sprechkörper ist, stellt eine bildhafte Analogie zu ihrer Anagrammkunst dar. Auch die Anagramme sind gelähmte Sprachwesen; sie können sich nicht ungehindert entfalten, da die Signifikantenbewegung durch die Buchstabenkontingentierung eingeschränkt ist. Die Bedeutungsdunkelheit spricht von Unnahbarkeit, von der verheißungsvollen, gefahrlosen Ferne des gefahrvollen Wunsches.

Am Ende bleibt immer das Unüberbrückbare, der Spalt, die Erwartung, die sich in ein sichtbares Bild einkleidet, die aber "unempfindlich gegenüber dem Leben oder dem Leben entrückt [erscheint]".71 In einem Anagramm aus dem Jahre 1959 präsentiert Unica Zürn poetisch-pathetische Bilder, die um das Fühlen der Kälte und um die Unfähigkeit zur Teilnahme kreisen. In dem Satz "Ich weiß nicht, wie man die Liebe macht", der ihr Credo hätte sein können, entdeckt sie die folgenden Zeilen:

Wie ich weiss, ,macht' man die Liebe nicht.
Sie weint bei einem Wachslicht im Dach.
Ach, sie waechst im Lichten, im Winde bei
Nacht. Sie wacht im weichen Bilde, im Eis
des Niemals, im Bitten: wache, wie ich. Ich
weiss, wie ich macht man die Liebe nicht.
72

Im Eis des Niemals mag sich niemand einrichten, denn hier stehen nicht die illusionären Möglichkeiten zu Gebote, die es braucht, um an der Liebe teilnehmen zu können. So bleibt am Ende für Unica - die Einzige, die Einsame - nur die Klagesprache.

Was braucht es, sie erhören zu können?

Absage

Jedes Kind will dorthin zurück, von wo es kam. Weil dieser Wunsch unmöglich ist, wird es gefüttert: mit Milch, mit Zärtlichkeit, mit Worten, mit Blicken.

So lernt das Kind das Rufen.

Doch nicht immer gibt es Antwort. Unheimlichkeit in lautloser Tragödie: Die Stimme, die hinausgeht und keine Antwort erhält, verhallt. Ohne Rückkehr durch die Andere-Stimme erstirbt sie schließlich. Tod stellt sich ein, bevor das Leben begann. Das Kind kann den unbewohnten Raum nicht verlassen.

In die Abseite gestellt, liegt das Kind wie gelähmt. Ein schwarzes Nichts umschließt es. In der Dunkelheit ist es voller Angst. Ohne Licht bleibt ihm nicht einmal die Ansicht von sich selbst und den Dingen umher. Schattenwürfe und gehauchte, unfaßbare Gestalten bedrängen die Kinderseele.

Ohne Bild und Begriff ist es nichts als Ab-Fall: sinnloser Rest oder nutzloser Überschuß in der Ökonomie der symbolischen Tauschwirtschaft.

Lebt es eine Strecke so dahin, wird es ihm an dem Einsatz für die Lebendigkeit mangeln. Die ungelebte Kindheit wird Wirkung zeigen. Blindwütig oder todsüchtig oder zwiespältig erfährt es fortan sein Schicksal.

Es bleibt ihm nichts, als sich einzuleben in den Dämmerschein. Dort wird das ewige Kind andere, unsagbare Geschichten erleben, Gespinste aus einem verlorenen Anfang.


1 Unica ZÜRN, Anagramme, Berlin 1988, 92.

2 Unica ZÜRN, Der Mann im Jasmin/Dunkler Frühling, Frankfurt/M., Berlin,
Wien 1985, 18, 94.

3 Zur Geschichte des Anagramms siehe Elisabeth KUHS, Buchstabendichtung, Heidelberg 1982; Alfred LIEDE, Dichtung als Spiel, Bd. 2, Berlin 1963; H.B. Whf.ati.ey, Of Anagramms, London
1862; Luzia BRAUN, Klaus RUCH, Das Würfeln mit den Wörtern, in: Merkur, 469 (1988),
225-236; Peter BEXTE, Spiel der Lettern: Angagramm, in: FAZ Magazin, 7.4.1989, Heft 477.

4 Jean-Francois RABAIN, Unica Zürn: Der Mann im Jasmin, in: ZÜRN, Der Mann, 219.

5 Tatsächlich haben sich in die Anagramme ZÜRNS Fehler eingeschlichen, die besonders in den späten Texten zunehmen.

6 ZÜRN, Anagramme, 39.

7 Ebenda, 30.

8 Sabina SPIELREIN, Ausgewählte Schriften II, Berlin 1986, 158.

9 Ebenda, 170.

10 ZÜRN, Der Mann, 180.

11 Unica ZÜRN, Das Weisse mit dem roten Punkt: Texte und Zeichnungen, Frankfurt-Berlin 1988, 11.

12 ZÜRN, Das Weisse, 159-160.

13 Ich verweise auf die Erläuterungen von Sabe SCHOLL, Bemerkungen zur Ausgabe, in: ZÜRN,
Anagramme, 135-138.

14 Auf eine interessante formale Übereinstimmung ist hinzuweisen: Auch Lacan benutzt das Verfahren der gestrichenen Buchstaben. In seinen Graphemen zur Veranschaulichung des psychischen Geschehens benutzt er das Gestrichene, um das Nichtsagbare, das Nichtsehbare, das Verdrängte und Kastrierte zu bezeichnen. Dazu ein biographisches Detail: Unica ZÜRN hat während eines Klinikaufenthaltes ihren ersten auf französisch verfaßten Text ("Mistake") dem "Herrn Professor Lacan" gewidmet.

15 ZÜRN, Anagramme, 82.

16 ZÜRN, Das Weisse, 64.

17 ZÜRN, Anagramme, 29.

18 August STRINDBERG, Inferno, Frankfurt a. M. 1987, 40.

19 ZÜRN, Das Weisse, 153.

20 Zürn, Anagramme, 12.

21 Ebenda, 10.

22 ZÜRN, Das Weisse, 152.

23 Hans BELLMER, Über Anagramme, in: ZÜRN, Das Weisse, 223.

24 ZÜRN, Der Mann, 19.

25 Ebenda, 26.

26 Der mystisch-esoterische Zug ist nicht zu verkennen. Daß das Anagramm in dieser Tradition Ankerung hat, zeigt Erich BlSCHOFF am Beispiel der jüdischen Mystik in seinem Buch, Die Kabbalah, Leipzig 1917, 28-29.
In ihrer Kindheitserinnerung The Gift kommt Hilda DOOLITTLE diesem Zug zum Mystischen auf die Spur. Mit der Mutter und den Brüdern spielt die kleine Hilda, sie basteln Wörter aus Wörtern, machen Anagramme. Das Spiel kommentiert die Autorin mit folgendem Satz: "It was agame, it was a way of spelling words, infact it was a spell." H.D., The Gift, London 1984, 10. Dem Buchstabieren (spelling) innewohnt eine Zauber (spell), ein Gebannt-Sein. Das Anagramm erlöst das Wort im Wort.

27 ZÜRN, Der Mann, 26.

28 Ebenda, 26.

29 Ebenda, 94.

30 Julia KRISTEVA, Tales of Love, New York 1987, 133.

31 ZÜRN, Das Weisse, 79, 55.

32 Ebenda, 85.

33 Ebenda, 75.

34 Jacques LACAN, Freuds technische Schriften, Ölten und Freiburg i. Br. 1978, 151-152.

35 Der Ausdruck "selbstgenügsames Sprechen" entstammt einer mündlichen Mitteilung Hans
Naumanns (Hamburg).

36 Gisela von WYSOCKI, Weiblichkeit als Anagramm, in: Fröste der Freiheit, Frankfurt a. M. 1980,
48.

37 Unica ZÜRN, Das Haus der Krankheiten, Berlin 1986.

38 ZÜRN, Der Mann, 93.

39 Julia KRISTEVA, Desire in I.anguage, Oxford 1987, 283

40 ZÜRN, Das Haus, o.S.

41 Lacan, Freuds technische Schriften, 106.

42 ZÜRN, Das Weisse, 58-59.

43 Rosine LEFORT, Robert LEFORT, Die Geburt des Anderen, Stuttgart 1986, 146-147.

44 ZÜRN, Der Mann, 116-117.

45 Jacques LACAN, Schriften III, Ölten und Freiburg im Breisgau, 79-80.

46 ZÜRN, Das Weisse, 56.

47 Jacques LACAN, Some Reflections on the Ego, in: Int. J. Psycho-Anal., 34 (1953), 12.

48 LACAN, Schriften III, 79.

49 Marcel CZERMAK, The Onset of Psychosis, in: Stuart SCHNEIDERMAN (ed.), Returning; to Freud,
New Haven 1980, 171-183. Auch der folgende im Text behandelte Fall ist dem Aufsatz CZERMAKS
entnommen.

50 Den Begriff "phonetisches Anagramm" übernehme ich von Anthony JOHNSON, der es allerdings in
einem anderen Sinn verwendet. Siehe A.L. JOHNSON, Anagrammatism in Poetry, in: A Journal for
Descriptive Poetics and Theory of Literature, 2 (1977), 89-118.

51 Jacques LACAN, Schriften II, Ölten und Freiburg i. B. 1975, 95.

52 Daniel Paul SCHREBER, Denkwürdigkeiten eines Nervenkranken, Frankfurt a. M. 1985, 146.

53 A Lacanian Psychosis: Interview by Jacques Lacan, in: SCHNEIDERMAN, Returning, 20.

54 Ebenda, 26.

55 Ebenda, 27.

56 Julia KRISTEVA, Powers of Horror, New York 1982, 59.

57 Jean-Claude SCHAETZEL, Bronzeheimet, or the Itinerary of the Psychotherapy of a Psychotic, in:
SCHNEIDERMAN, Returning, 184-194.

58 ZÜRN, Der Mann, 96; 19-20.

59 CZERMAK, The Onset, 176.

60 LACAN, Schriften III, 79.

61 ZÜRN, Das Weisse, 129.

62 Sigmund FREUD, Studienausgabe Bd. III, Frankfurt a. M. 1975, 224.

63 ZÜRN, Das Weisse, 67.

64 Julia KRISTEVA, On the Melancholie Imaginary, in: Shlomith RlMMON-KENAN (ed.), Discourse in Psychoanalysis and Literature, London, New York 1987, 107.

65 ZÜRN, Anagramme, 50.

66 Edith JACOBSON, Depression, Frankfurt a. M. 1983, 176; KRISTEVA, Melancholie Imaginary,
107.

67 ZÜRN, Das Weisse, 76.

68 ZÜRN, Anagramme, 52.

69 ZÜRN, Das Weisse, 58.

70 "... ich würde viel darum geben, wenn ich wieder in den Zustand der Jungfräulichkeit gelangen
könnte." ZÜRN, Das Weisse, 120.

71 Luce IRIGARAY, eine Geburtslücke. Für Unica Zürn, in: Geschlechterdifferenz, Wien 1987, 145.

72 ZÜRN, Anagramme, 69.

* In: Gunnar Schmidt: Die Geschwindelten, Wien 1990.

© Gunnar Schmidt