The Peculiar Effect. N. Hawthornes Medien- und Modernitätskritik*

Die Illusionierungsmacht visueller Medien mag uns zuweilen hypnotisieren oder in künstliche Traumzustände versetzen. Werden wir aber deshalb glauben, dass es Bilder gibt, die eine prinzipielle Ununterscheidbarkeit zur Wirklichkeit ins Spiel bringen? Die ubiquitäre Anwesenheit von Bildern, virtuellen Realitäten oder interaktiven Bildräumen mit den Möglichkeiten der Immersivität mögen das Fragen nach den Wirklichkeiten provozieren, aber nicht dazu verführen, das Bild mit der Realität zu verwechseln.
Genau mit dieser Idee der Unschärfe, in der Bild und Wirklichkeit ineinander übergehen, spielen eine Reihe von literarischen Texten des 19. Jahrhunderts: Was daran bemerkenswert erscheint: Die Texte orientieren sich nicht an avancierten Bildmedien wie Photographie oder Stereoskopie, sondern an traditioneller Malerei und Skulptur. Ein historisch-mythischer Effekt? Als stünden noch immer die Namen Pygmalion, Zeuxis und Parrhasius für eine Kunst, die den Betrachter das Symbolische übersehen lässt.
Ob bei kanonisierten Autoren wie E.T.A. Hoffmann (Der Sandmann), Eichendorff (Das Marmorbild), Poe (The Oval Portrait), Maupassant (Ein Porträt), Oscar Wilde (The Picture of Dorian Gray) oder unbekannteren Schriftstellern des Fantastischen wie beispielsweise Vernon Lee (Armour Dure)1 – wieder und wieder werden erzählerisch die Grenzen zwischen dem Ikonischen und dem Realen aufgelöst. Die Übergänge ins Unechte, in die Illusion, Halluzination und in den Traum bringen die Erzählungen in Gang und dramatisieren die undeutliche Stellung des Subjekts zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Und fast immer steht am Ende die Ent-Täuschung, das Erwachen in die Härte des Realen und die Rückkehr in die Unterscheidung. Für Augenblicke jedoch findet sich ein Held in einer Zwischenzone, wobei unklar bleibt, ob eine unheimliche Wirkmächtigkeit von Medien das Erleben auf eine suprareale Ebene hebt oder das unbändige Wünschen sich in die Kunstweltlichkeit einnistet, um dort die Phantasmen wuchern zu lassen. Man könnte fragen, ob es die Libido ist, die die Optik verstellt, oder die Optik, die die Libido verstellt.
Bei aller Unterschiedlichkeit der Erzählungen scheint mir eine grundsätzliche Ambivalenz diesem Topos eingeschrieben zu sein: ein Schwanken zwischen Faszination für das Bild und einem untergründigen ikonoklastischen Begehren. Denn so sehr das Bild Lust verspricht, so sehr initiiert es Verkehrungen und richtet Verheerungen bei der Erkenntnisfähigkeit an: Das Tote beginnt zu leben, der Betrachter wird zum Objekt schicksalhafter Beeinflussung, die Wirklichkeit unterliegt der Verwerfung. Die wiederkehrende erzählerische Anrufung der  Negativfolgen bildlicher Einflussnahme lässt eine tief verwurzelte Angst vor dem Mythischen erahnen, das als Bedrohung moderner Rationalität inszeniert wird.

Diese nur oberflächlichen Bemerkungen zur literarisierten Bildfunktion sollen als motivlicher Hintergrund genügen, um das sortieren zu können, was sich in den Texten des amerikanischen Autors Nathaniel Hawthorne (1804-1864) abspielt: Wie die genannten Schriftsteller thematisiert er ikonische Medien – also Gemälde, Skulpturen und den Automat. Daneben werden aber auch optische Medien erzählerisch gestaltet. Worin unterscheiden sich ikonische und optische Medien? Dazu eine definitorische Setzung: Optische Medien zeichnen sich, anders als die ikonischen, durch apparative oder prothetische Zwischenschaltungen aus, die erst den Blick auf das Ikonische oder Wirkliche ermöglichen. Linsen, Spiegel, Kunstlicht und Mechanik kommen ins Spiel – und verändern auf rätselhafte Weise, zumindest bei Hawthorne, das Verhältnis zwischen Betrachter und Bild. Was die Texte ausstellen, ist die dispositive Potenz der Medien. Indem Hawthorne diese mediale Differenzierung vornimmt, erweist er sich nicht nur als aufmerksamer Beobachter der zeitgenössischen Mediensituation, er geht auch über eine realistische Darstellung hinaus und nutzt die Opposition von Ikonik und Optik für eine grundlegende kulturkritische Reflexion im Modus fantastischen Schreibens.
Diese oppositionale Konstruktion entfaltet Hawthorne textübergreifend, wobei der romantisch-ikonische Bildtopos Dominanz zu behaupten scheint. Bereits die Titel einiger Erzählungen und eines Romans deuten dies an: »The Snow-Image«, »Edward Randolph’s Portrait«, »Drowne's Wooden Image«, »The Artist of the Beautiful«, »The Prophetic Pictures«, »The Great Stone Face«, The Marble Faun.
Alle Texte setzen an bei der Verunscharfung von Leben und Lebensähnlichkeit: Eine Figur aus Schnee2 und eine Vogelscheuche3 beginnen zu leben und täuschen Menschen über ihr wahres Sein; ein Doppelporträt verrät die Zukunft eines abgebildeten Paares4; eine verschattete Puppe scheint den Betrachter zu sich heran zu locken5; eine marmorne Hand zeigt den Wärmestrom des Lebens6; ein Porträt leuchtet für einen Moment hinter einer dicken Schmutzpatina auf und gewinnt die Dignität einer Gewissensinstanz7; ein Mechaniker baut die perfekte Imitation eines lebenden Schmetterlings8 wie auch ein Bildhauer die geliebte Frau lebensähnlich in Holz nachbildet, um damit illusionäre Verwechslungen zu initiieren.9 Überall treten die Bilder ins Leben oder wächst das Leben in die Bilder hinein. Die Betrachtung hört auf – zugunsten eines halluzinativen Erlebens.
Hawthorne erkundet wiederkehrend die mimetischen Potenziale der Kunst und verknüpft sie mit dem Wunsch nach Täuschung. Als Antithese formuliert er den Einbruch der Erkenntnis, die optomedial grundiert ist.
In »Feathertop« (1851), Hawthornes letzter Erzählung, wird diese Verschiebung von der Irreführung zur optischen Erkenntnis in einer märchenhaften Situation durchgespielt: Eine durchtriebene Hexe ist zu einem Scherz aufgelegt und bläst einer Vogelscheuche den Lebenshauch ein, um aus ihr etwas »fine, beautiful, and splendid« zu machen. Diese Begrifflichkeit schon, noch bevor der Text die Collage als »work of art«10 kategorisiert, positioniert die Hexe als Künstlerin. Diese Verortung folgt einem Gestaltungszug, wonach die hawthornesche Figur des Künstlers und Medienpraktikers wechselnden Metamorphosen unterworfen wird. Neben der Hexe treten als Bildmacher auf: der Entertainer, Handwerker, Mesmerist, Zauberer, das Kind und der Wissenschaftler. Dieses figurale Gleiten ist signifikant, denn das Bild erscheint damit als ein Hybrid, das gleichermaßen Nähe zu Mythos, Wissenschaft, Spiel und Kunst hat. Dass in der Hybridität das Konfliktpotenzial divergierender Rationalitäten versteckt ist, werde ich noch im Zuge der Ausführungen darlegen.
 
Wenn nun in »Feathertop« eine Quasi-Märchensituation erschaffen wird, scheint das skulpturale Bild dem Mythos anzugehören: Die Vogelscheuche wird ins Leben geschickt mit dem Auftrag, die Tochter eines Richters verliebt zu machen. Tatsächlich hat das Simulakrum Erfolg, denn die Tochter des Richters verliert unter dem Eindruck der fantastischen Erscheinung die Fähigkeit zu urteilen. Doch dann stellt sich, im wahrsten Sinne, das Medium zwischen die Liebenden, und zwar in Gestalt eines Spiegels. Er reflektiert die Wahrheit, und ein Erschrecken nimmt die Beteiligten gefangen:

"No sooner did the images [...] meet Polly’s eye, than she shrieked, shrank from the stranger’s side, gazed at him [...] in the wildest dismay, and sank insensibly upon the floor. Feathertop [die Vogelscheuche], likewise, had looked towards the mirror, and there beheld, not the glittering mockery of his outside show, but a picture of the sordid patchwork of his real composition, stript of all witchcraft."11

Ein Bild wird in einem Bild betrachtet. Der Umweg und die Distanzierung durch die optische Schaltung generieren Erkenntnis. Der Spiegel ist ein altes Motiv für Wahrheit und Erkenntnis. Gleichzeitig gewinnt er in Hawthornes Epoche aber auch eine moderne und ganz praktische Bedeutung durch die Erfindung der Daguerreotypie, die von den Zeitgenossen bekanntlich als Spiegelmedium begriffen wurde. In »The Hall of Fantasy« (1846) macht Hawthorne die Umdeutung vom Mythos zur Maschine explizit: In der Halle der Imagination begegnet der Erzähler Erfindern unglaublicher Apparaturen. Über einen wird erzählt: »Another person had a scheme for fixing the reflections of objects in a pool of water, and thus taking the most life-like portraits imaginable [...].«12 In Hawtornes Schöpfer mischen sich offensichtlich Ovid mit seinem Narziss-Mythos und Daguerre mit seiner Erfindung der Photographie.
Dem hier lediglich angedeuteten Übergang zwischen Mythos und Medienentwicklung liegt ein grundsätzliches Thema des 19. Jahrhunderts zugrunde, das Hawthorne aufgreift und dramatisch ausgestaltet: die Modernisierung der Wahrnehmung.
Die 1843 veröffentlichte Geschichte »The Birth-mark« gibt davon fast schon prophetisch Auskunft. Sie kann als literarischer Vorläufer einer Entwicklung gelesen werden, im Zuge derer sich Photographie und ein anthropologisches Erkenntnisparadigma miteinander verknüpfen.
Die Story: Eine schöne junge Frau heiratet Aylmer, einen Mann der Wissenschaft. Was perfekt zu sein scheint, ist in den Augen des Mannes mit einem Makel behaftet: Georgiana trägt auf einer Wange ein kleines Muttermal in der Form einer winzigen Hand. Bei all der Schönheit seiner Frau kommt dem Mann dieses Mal wie das sichtbare Zeichen irdischer Mangelhaftigkeit (»visible mark of earthly imperfection«13) vor. Er vergleicht den kaum sichtbaren Fleck gar mit den kleinen blauen Steinsverfärbungen, die eine Marmorstatue, wie er meint, in ein Monster zu verwandeln vermögen. Aylmer wird geleitet von der alten klassizistischen Schönheitsvorstellung, der zufolge die Kunst höher zu schätzen ist als die Natur. Die Natur beleidigt mit ihren erratischen Erfindungen das Auge mit Eindrücken der Unvollkommenheit.14 So überzeugt er seine Frau, dass eine Entfernung des Muttermals zu bewerkstelligen sei. Er erstrebt den Triumph über das, was die Natur seiner Ansicht nach schadhaft gelassen hat.
In einer fantastischen Laborszene mit manchem chemischen und optischen Experimentierzauber, kommt es zu einer Photographier-Episode. Die Erfindung der Daguerreotypie wird hier dem fiktiven Wissenschaftler Aylmer zugeschrieben. Im Text heißt es:

"[...] he proposed to take her portrait by a scientific process of his own invention. It was to be effected by rays of light striking upon a polished plate of metal. Georgiana assented; but, on looking at the result, was affrighted to find the features of the portrait blurred and indefinable; while the minute figure of a hand appeared where the cheek should have been. Aylmer snatched the metallic plate and threw it into a jar of corrosive acid."15

Was dem idealistischen Naturforscher wie ein technisches Missgeschick vorkommt, ist in Wirklichkeit Erkenntnis im Bild. Was ausgemerzt werden soll und klein erscheint, nimmt über die optomediale Transformation eine demonstrativ-monströse Gegenwärtigkeit an. Die Botschaft ist klar: Das Zeichen darf weder übersehen noch verleugnet werden. Das Bild bekundet die wahre Bedeutung des Symptoms, das eben mehr als nur eine unschöne Spur auf der Hautoberfläche ist. Es ist vielmehr ein Zeichen für den unsichtbaren Lebensprozess. Aylmer bringt mit der Operation nicht nur das Mal zum Verschwinden, sondern seine Frau auch in den Tod. Der Mediziner will aus der Frau ein statuarisches (ikonisches) Ding machen, er betätigt sich weniger als Wissenschaftler denn als Künstler. Die medizinische und anthropologische Photographie des 19. Jahrhunderts, die sich ab den 60er Jahren mit zunehmender Geschwindigkeit entwickeln wird, macht diesen Erkenntnis- und Prozessfehler nicht. Sie verwirft nicht das hässliche Bild, sie sucht geradezu die monströsen Zeichen, um daraus ein Wissen vom Menschen abzuleiten.16
Die bildhafte Vergrößerung des Mals, die Hawthorne durch eine fantastisch-literarische Erfindung einem neuen optischen Medium zuschreibt, ist nicht nur durch eine neue Episteme inspiriert, sie leitet sich auch ab von einer älteren Medientechnik. Der Autor verweist selbst darauf in seinem bekanntesten Text – The Scarlet Letter (1850). Dort wird fast die gleiche Situation wie in »The Birth-mark« evoziert, nur ist es hier ein Konvexspiegel, der die Funktion der optischen und sinnhaften Vergrößerung eines Details bewirkt. Die Hauptfigur Hester, die ein gesticktes A auf ihrem Kleid als Zeichen der Schande trägt (A=Adultery/Ehebruch), scheint vollkommen hinter dem Mal zu verschwinden, als sie im Haus eines reichen Mannes ihre Gestalt in einem Konvexspiegel gewahrt:

"[...] she saw that, owing to the peculiar effect of this convex mirror, the scarlet letter was represented in exaggerated and gigantic proportions, so as to be greatly the most prominent feature of her appearance. In truth, she seemed absolutely hidden behind it."17

Die optische Brechung produziert ein Anders-Sehen; sie reißt die Wahrnehmung zu einer Erkenntnis auf. Ob natürliches Muttermal oder sozial aufgenötigte Markierung: ein Zeichen, das die Person und ihr Schicksal ausmacht, wird optisch herausgestellt. Der Satz »In truth, she seemed absolutely hidden behind it.« ist nicht als Kritik an der Verstellung durch das Zeichen zu verstehen. Im Gegenteil: Das Zeichen provoziert den Akt des Interpretierens, mit dem die Wahrheit (»in truth«) über die Person, die sich darin anzeigt, erarbeitet werden muss.
Die Distanz zum halluzinatorischen Wahrnehmungsmodus könnte nicht größer sein. Der (proto-)wissenschaftliche Blick koppelt sich an optische Medien und bildet eine Opposition zum ästhetischen Faszinosum mit seinen imaginären Potenzen. Man könnte sagen, dass das Schauen zu einem Akt des Lesen umgebildet wird. Im Spiegel, auf dem Foto, hinter der Linse wandeln sich präsentative Symbole in zu dechiffrierende Zeichen. Ein Mal, ein Buchstabe oder ein Gesichtsausdruck – sie laden nicht zur Weltvergessenheit, sondern zur Lektüre ein.
Was ist aber der Schrecken darin? Ich möchte die These aufstellen, dass Hawthorne sich mit seinem Gespür für Medienübergänge und -kopplungen geradezu als Weberscher Soziologe avant la lettre erweist, der die Krise der Moderne als einen Prozess diagnostiziert, in dem Ästhetik, Moral und Wissen auseinander streben. Mit je eigener Logik versehen, sind diese nicht mehr einander vermittelbar und begründen eine Heillosigkeit voller Schrecken.
Exemplarisch für diesen kulturellen Wandel steht eine Szene in der Erzählung »Ethan Brand« aus dem Jahre 1850. Sie verdient auch Aufmerksamkeit, weil sie auf einer wahren Begebenheit basiert, die Hawthorne 1838 in seinem Notizbuch festgehalten hat18, also 12 Jahre vor der Veröffentlichung der Erzählung. An ihr ist zu verfolgen, wie durch eine minimale Hinzufügung aus einer Beobachtung eine literarische Szene mit semantischer Tiefe erwächst. Aus einem beiläufigen Ereignis kreiert der Autor das Inbild einer medialen und epistemischen Epochenschwelle.
Am Text fällt auf, dass er durchsetzt ist mit Signifikanten, die aus dem Wortfeld des Sehens und Erkennens stammen (look, watching, perceive, observer, eye, search, delusion). Er kreist um die Fragen: Was kann man sehen; was braucht es zum Erkennen; wo sind die Bilder? Im Feuer, auf einer leeren Leinwand, im Herzen der Menschen, in den Gesichtern ...
Erzählt wird die Geschichte von Ethan Brand, der nach achtzehnjähriger Wanderschaft und Suche nach der »unverzeihlichen Sünde« (»unpardonable sin«) in sein Dorf zurückkehrt. Die Hauptfigur umgibt eine unheimliche Kälte und Unnahbarkeit. In einer Schau-Szene enthüllt sich dann, was als Einbruch der Moderne zu kennzeichnen ist: Während sich einige Dorfbewohner um Ethan Brand versammelt haben, erscheint ein reisender Dioramavorführer.19  Mit dem alten Unterhaltungsmedium des Guckkastens sucht er die Jugend des Dorfes zu unterhalten. Doch können die längst vom vielen Gebrauch verkratzten und verschmutzten Bilder, die durch eine Linse betrachten werden, sowie die ungeschickten Erzählungen über die Sehenswürdigkeiten Europas und die Schlachten Napoleons nur kurz die Aufmerksamkeit erregen. Als weitere Attraktion bittet der Vorführer daher einen Jungen, seinen Kopf in die Box zu stecken. Es entsteht ein lebendes Bild:

"Viewed through the magnifying glasses, the boy’s round, rosy visage assumed the strangest imaginable aspect of an immense Titanic child, the mouth grinning broadly, and the eyes and every other feature overflowing with fun at the joke."20  

Der Guckkasten wird zweckentfremdet: An die Stelle der illusionierenden Erzählung – mit Bildern und mit Sprache – tritt der medial vermittelte Körper. Die Transformation durch optische Distanzierung, Rahmung und Belichtung erzeugt eine realistische Hypergenauigkeit, von der man nicht weiß, ob sie den Menschen entstellt oder hervorbringt. Die mikroskopische, protophotographische Linse schärft den Blick für den natürlichen Sachverhalt. Fast unmerklich verwandelt sich Unterhaltung in Erkenntnis, Kunst in Wissenschaft vom Menschen, der Akt des Porträtierens in ein Experiment. Bereits der Nutzer des Guckkastens könnte mit den Worten des Photographen ausrufen: »Ich habe es im Kasten!«
Die Modernisierung der Blicknahme kommt zum Abschluss durch die Einführung des kalten Beobachters. Er ist genau jenes Ingredienz, das die Erzählung von der Notizbucheintragung unterscheidet:

"Suddenly, however, that merry face turned pale, and its expression changed to horror, for this easily impressed and excitable child had become sensible that the eye of Ethan Brand was fixed upon him through the glass."21

Der Mensch ist zum Quasi-Bild gefroren; ein stummer Betrachter dringt sehend in ihn ein. Spaß verwandelt sich in Grauen. Die lange Suche nach der unverzeihlichen Sünde hat Ethan Brand in einen psychologischen Experimentator am Menschen verwandelt, in einen einsamen, intelligenten und herzlosen Beobachter: »he was now the cold observer, looking on mankind as the subject of his experiment.«22
Die Verwissenschaftlichung des Blicks ist die unverzeihliche Sünde, nach der er gesucht hat. Dass Hawthorne durch fiktive Medienüberblendung einen Aspekt der Modernisierung erfasst, kann als ingeniös bezeichnet werden: Unter seiner Feder wird ein altes, antireformatorisches, auf psychedelische Effekte zielendes Medium23 zu einem neuen protestantischen, protowissenschaftlichen und protophoto-graphischen Medium. Der Mensch durchläuft von einem Moment zum anderen die Metamorphose vom Schau-Spieler zur Observationssache, die dem »kleinlichen Blick der Inspektion«24 ausgesetzt ist.
In dieser Gegenüberstellung lagert die modernitätskritische Haltung Hawthornes, wonach nicht nur die halluzinativ-ikonischen Medien ihre Kostenseite haben, sondern auch die optomedialen Erkenntnismedien. Mit Max Weber ist hier vom konfliktuösen Aufeinanderprall dreier Rationalitäten zu sprechen. Die historisch sich ausdifferenzierte »Eigengesetztlichkeit der Kunst«25, die durch die Verlebendigung szenisch aufgefasst und in den Wirkungen direkt-sinnlicher Einflussnahme beschrie-ben wird, mündet in eine ethikbefreite Subjektivität. Der halluzinogen, »ästhetisch erregte Rezipierende«26 verhält sich gesinnungslos, weil er dem Sinn entsagt und sich der Unmittelbarkeit des Ereignisses in solipsistischer Selbstzentrierung überantwortet. Die Abkehr von einem reflektorisch erarbeiteten und über Gemeinschaften abgesicherten moralischen Rationalismus korrespondiert mit einer Entsagung »denkender Erkenntnis«. Genau dieser Erkenntnis hat sich Ethan Brand verschrieben – mit den verheerenden Folgen einer »Entzauberung der Welt«27. Ethiklos wie der Kunstverfallene ist der Wissenschaftler darüber hinaus seiner Innerweltlichkeit beraubt. Er steht einer dinggewordenen Realität gegenüber, die zu entschlüsseln er sich zur Aufgabe gemacht hat. Der szientistisch-amoralische Blick richtet sich auf den Mitmenschen, um aus ihm geheimnisloses Wissen zu destillieren: Menschenkenntnis verwirklicht sich ohne Menschenliebe. Das Erschrecken des Jungen hinter dem Objektiv wird von der Erkenntniskälte provoziert, die ihn zum Objekt macht.
Kalter Blick und optisches Medium sind Errungenschaften, vor deren Dominanz Kunst, das Erzählen von Geschichten und methodische Lebensführung als wirkungslos und obsolet erscheinen.28 Die kognitiv-erkennende Logik dominiert über die ästhetisch-expressive und ethisch-normative, wobei letztere gleichsam zwischen den beiden Mit-Logiken zerrieben wird.29 Der Autor Hawthorne vertritt indirekt diese Position in Gestalt seiner Kulturkritik: Das ethische Postulat erschallt lediglich als Echo einer sich entfernenden Religiosität.

Imago versus Pictura: Mit diesen Begriffen ließe sich noch einmal anders – in rezeptionslogischer Perspektive – die Spannung beschreiben, in der sich die Hawthornesche Bilddiskussion bewegt. Imago ist das Bild, das zur Imagination eine Beziehung unterhält, zum Traum, Trug- und Scheinbild. Imago entdifferenziert. Pictura ist das Bild als bloßes Artefakt, das zwischen Welt und Erkenntnis eine Distanz einzieht. Pictura differenziert. In Hawthornes Roman The House of the Seven Gables (1851), der ein Jahr nach »Ethan Brand« erscheint, gibt es einen kurzen medientheoretischen Disput zwischen Phoebe, einer jungen Frau, und Holgrave, einem Daguerreotypisten, in dem die grundlegende Unterscheidung zwischen Imago und Pictura zum Thema gemacht wird. Als der Photograph Phoebe fragt, ob sie ein Beispiel seiner Produktion sehen möchte, lehnt sie das Angebot ab, denn sie zieht die alten Bilder den neuen vor. Sie sagt:

"I don’t much like pictures of that sort – they are so hard and stern; besides dodging away from the eye, and trying to escape altogether. They are conscious of looking very unamiable, I suppose, and therefore hate to be seen."


Hier wird durch Phoebe der kalte Blick, der in »Ethan Brand« noch als extramediale Bedingung aufgeführt wurde, dem Medium selbst als Qualität zugeschlagen. Der Photograph widerspricht dieser Position nicht, stellt aber die Lieblosigkeit des Mediums als pikturale Leistung heraus, über die die alten Imaginis nicht verfügen würden.

"[...] there certainly is truth in what you have said. Most of my likenesses do look unamiable; but the very sufficient reason, I fancy, is, because the originals are so [...]. While we give it credit only for dipicting the merest surface, it actually brings out the secret character with a truth that no painter would ever venture upon, even could he detect it. There is at least no flattery in my humble line of art."30  

Die Passage reflektiert die kunstphilosophische Opposition von Romance und Realistik, Wohlgefallen und Erkenntnis, idealischer Schönheit und wissenschaftlicher Wahrheitstiefe, Schauen und Lesen. Die Rede des Daguerreotypisten ist aufschlussreich: Sie fügt sich ein in die zeitgenössische Debatte darüber, ob die Photographie der Kunst zuzurechnen sei. Holgrave hat sich für die wissenschaftliche Position zugunsten der ästhetischen entschieden.
Der Paradigmenwechsel ist grundlegend: Obwohl seine Photographie der Forderung nach Lebensähnlichkeit viel effizienter als jede Malerei nachkommt, stellt sie sich gerade nicht in die Reihe der halluzinativ-illusionären Medien. Sie ist die nüchterne Sehprothese, mit der das Geheimnis aus der Welt vertrieben wird.
Hawthorne verknüpft die Verwendung optischer Medien mit einem Sündenfall: Wissen ist nur auf Kosten einer Vertreibung aus dem Imaginären zu haben. Oder vice versa: Wer (wie Aylmer in »The Birth-mark«) sich aufs Ikonische einlässt, verwirft das Wissen. Es gibt keine Übereinkunft. In Hawthornes Konstruktion okkupieren einzelne Medien selektiv humane Kompetenzen und generieren den Spezialisten.
In einer Erzählung allerdings unternimmt Hawthorne den Versuch einer Harmonisierung. Ohne die Wertsphärendifferenzierung vollends zu verleugnen, deutet er die Utopie eines Kunstarkadien an, in dem Wissen, Moral und Imagination nicht konkurrierend einander gegenüber stehen. Analog ist »The Snow-Image« (1852) die einzige Erzählung, in der ikonisches und optisches Medium aneinander gekoppelt werden, um die jeweiligen Medientugenden zu einer Kommunikationsleistung zu addieren. Auch strukturell unterscheidet sich die Erzählung von den genannten anderen, denn in ihr versteckt sich das optische Medium in der literarischen Darstellungstechnik.

»The Snow-Image« handelt von zwei Kindern, die ihre Mutter bitten, im winterlichen Garten spielen zu dürfen. Sie haben den Wunsch, aus Schnee eine Figur zu bauen. Der Bitte wird stattgegeben und die Kinder gehen ans Werk. Sie formen nicht einen einfachen Schneemann, sondern die Figur eines Mädchens »that seemed to have a wonderful deal of human likeness about it.«31 Ihre Imagination geht über in die Gestalt und führt sogar zur Belebung der Figur, die ihnen als Spielgefährte dient. Ein Wunsch wird Wirklichkeit.
Soweit folgt die Geschichte dem ikonisch-fantastischen Muster. Die Opto-Logik kommt ins Spiel durch die Mutter, die sich am Fenster mit einer Handarbeit niedergelassen hat. Im Gegensatz zum Wissenschaftler nimmt sie die Rolle der Identifikation suchenden Zuschauerin ein, die über den warmen, Nähe schaffenden Blick verfügt. Von Zeit zu Zeit blickt sie auf, verfolgt in Sequenzen die Entstehung der Figur und sieht sie ebenfalls zum Leben erwachen. Hawthorne konfiguriert hier das Setting mit den medientechnologischen Elementen des Guckkastens und des Dioramas: Indem die Mutter durch das Fenster schaut (Hawthorne nennt es »this transparent medium«32), verwandelt sich – vermittelt durch Rahmung und Glas (Linse) – die natürliche Spielszene in ein Guckkastenbild. Meiner Interpretation nach ist mit Snow-Image nicht nur die Schneefigur gemeint, sondern auch der winterliche prospectus hinter dem Fenster. Hawthorne wird sich von realen Guckkastenbildern inspiriert haben lassen, denn dem zeitgenössischen Publikum wurden neben historischen Ereignissen vor allem fantastische Landschaften gezeigt, in die es sich raumperspektivisch und atmosphärisch hineinsehen konnte. Der atmosphärische Aspekt wird bei Hawthorne wie auch im zeitgenössischen Guckkasten und Diorama durch den dramatischen Einsatz von Licht bewerkstelligt: Die Erzählung gestaltet den Übergang von Tag zu Nacht als optisches Lichtschauspiel, schiebt gleichsam Bild über Bild und versieht die Szenerie auf diese Weise mit wechselnden emotionalen Effekten: »His wife had been looking on, and, it being nearly twilight, was wonderstruck to observe how the snow-child gleamed and sparkled, and how she seemed to shed a glow all round about her [...].«33
Auch in den Guckkasten- und vor allem Dioramavorführungen war der dramatisierende Lichteinsatz entscheidend dafür, dass die Performance vom Zuschauer als magisches Erlebnis wahrgenommen wurde.34 Tag/Nacht- und Jahreszeitenwechsel, Mondbilder, Feuersbrünste, erleuchtete Fenster und Laternen in dunklen Straßen waren staunenerregende Motive. Für die Lichtinszenierungen wurden Auf- und Durchlicht, Lichteinfärbungen und transparente Bildträger benutzt. Das sequenzielle Schauen der Mutter durchs Fenster, das sie von Athmosphärenbild zu Athmosphärenbild bewegt, imitiert auf Erzählebene den Effektwechsel in den optischen Medien.
Unverkennbar fungieren die Kinder als Allegorien eines Künstlertums, das sich, unbehindert von wirklichkeitsfordernden Imperativen, der verlebendigenden Imagination verschreiben kann. Der warme Blick der Mutter fängt das Spiel auf, und begründet die unio. Der mütterliche Raum ist deutbar als Behälter eines Wissens, das sich nicht der wissenschaftlich-realistischen Logik unterwerfen möchte, sondern für die Ausbildung von Humanität eingesetzt wird. Kunst und poetische Einbildungskraft realisieren in einem Akt Kreativität, Menschenliebe und Gemeinschaftsbildung. Die Gegenposition, die die Faktizität favorisiert und damit das poetische Wissen außer Kraft setzt, tritt auf, ganz im Sinne ödipaler Dramatik, in Gestalt des Vaters. Dieser »matter of fact sort of man« und »dealer in hardware«35 verkennt das Bild, meint in dem Schneemädchen ein reales Kind vorzufinden. Er ist nicht in der Lage, zwischen Bild und Wirklichkeit zu unterscheiden. Er dringt in den Garten ein – man könnte sagen, er verlässt die Position der Imagination –, er ergreift das Simulakrum, um es in guter Absicht vor dem Kamin zu wärmen. Alles Bitten und Flehen der Kinder und der Mutter helfen nichts. Sie vermögen dem Vater nicht mitzuteilen, dass es Bildwunder gibt und Orte, die dafür ausgezeichnet sind. Oder anders: Kunst gehört nicht in die bürgerliche Stube. Was von der Figur dort übrig bleibt, muss ich nicht paraphrasieren. Wirklichkeit zerstört Bilder.
Mag sich auch die Härte der Realität am Ende durchgesetzt haben, die Erzählung lässt keinen Zweifel, dass das empirische Realprinzip nicht den Reichtum des Lebens zu erfassen vermag. Es initiiert Verarmungsprozesse.
Das Medium als Allegorie poetischer Einbildungskraft: In »Ethan Brand« erschien die Kunst als Opfer des Angriffs; sie war malträtiert, erniedrigt und der Lächerlichkeit preisgegeben. In »The Snow-Image« hingegen wird Kunst in ihrer blendenden Eigensinnigkeit aufgerufen. Ikonisches und optisches Medium treten in dieser Erzählung nicht als Opponenten auf. Sie realisieren durch ihr Supplementverhältnis eine Utopie, die darin besteht, dass es eine harmonische Gemeinschaftsaktion aus Produktion und Rezeption, aus Schauen und Lesen gibt: Kinder und Mutter erkennen die Zeichenlogik; sie wissen, dass sie Poesie lesen und können doch phantasmatisch am Ein-Gebildeten teilnehmen.

Mag Hawthorne auch in einer Reihe von Texten den mythischen Topos der Verblendung durch Kunst bearbeiten und sich damit auf den ersten Blick in die romantische Tradition einreihen, so offenbart sich bei genauer Lektüre doch eine Neuperspektivierung. Durch die oppositionale Struktur von Ikonischem und Optischem, Imago und Pictura rückt die psychologische Dimension in den Hintergrund und eine geweitete Sicht auf die kulturelle Modernisierung gewinnt an Prägnanz. Indem Hawthorne in seinen Texten Konstellationsmöglichkeiten zwischen alten und neuen Medien durchspielt und Weisen der Mediennutzung transformiert, um zeitgenössische Problematiken der Symbolverarbeitung und Welterfassung beschreibbar zu machen, überschreitet er die eingeführten literarischen Topoi. Wenn auch literarisch dem Märchenhaften und der Romance verpflichtet, bricht er dennoch inhaltlich mit dem romantischen Kosmos und konturiert die zeitgenössische  Problematik von Spezialistenkulturen, die in Gestalt von Wissenschaft und Kunst einander entzweit gegenüberstehen. An die Stelle eines Kunst-Absolutismus treten Kunstskeptizismus und Wissenschaftskritik. Hawthorne verfängt sich in Krisendiagnostik: Beide, Kunst und Wissenschaft, betreiben Verlustgeschäfte, weil sie den je anderen nicht mehr in sich tragen. Es ist Hawthornes Leistung, dass er die Mediendiskussion nicht in den Raum der Ästhetik einsperrt, wo die unterschiedlichen Medien lediglich danach befragt werden, was ihre Darstellungsleistungen sind. Gleichsam mcluhansch nimmt er sie als Prothesen wahr, die verändernd auf anthropos einwirken. Diese Sicht generiert nun allerdings einen Pessimismus, denn die Medienkonkurrenz dissoziiert das Subjekt, es entstehen konkurrierende Parallelentitäten: mal halluziniert das Subjekt, mal blickt es sachkalt auf sein Objekt, mal erschreckt es sich im Anblick der Wahrheit.
Wenn Hawthorne in »The Snow-Image« den Versuch einer (Teil-)Harmonisierung unternimmt und im Wechselspiel aus optischer Distanz und ikonischer Nähe, aus Erkenntnis und Symbolvergessenheit eine Medienethik andeutet, dann könnte dies als Selbstkorrektur gegenüber dem kulturkonservativen Medienpessimismus gedeutet werden, der durch die meisten seiner Geschichten weht. Aber vielleicht wusste der Autor, dass der Wunsch (nach der Vereinigung des Entzweiten) kaum mehr als die hilflose Reaktion auf einen Verlust darstellt. In diesem Sinne könnte der Untertitel der Story – »A Childish Miracle« – als Bestätigung der Heillosigkeit gelesen werden: Man muss schon kindisch sein, um an eine Erfüllung zu glauben.


1  Eine Interpretation dieser Erzählung findet sich in meiner Dissertation Die Literarisierung des Unbewußten, Frankfurt/M. / Bern / New York / Nancy 1984, S. 97–115.
2  Nathaniel Hawthorne, »The Snow-Image«, in: ders., Tales and Sketches, New York 1982, S. 1087–1102.
3  Nathaniel Hawthorne, »Feathertop«, in: ders., Tales and Sketches, New York 1982, S. 1103–1122.
4  Nathaniel Hawthorne, »The Prophetic Pictures«, in: ders., Tales and Sketches, New York 1982, S. 456–469.
5  Nathaniel Hawthorne, The Marble Faun, (Penguine Books) 1990, S. 41.
6  Ebd., S. 120.
7  Nathaniel Hawthorne, »Edward Randolph’s Portrait«, in: ders., Tales and Sketches, New York 1982, S. 640–651.
8  Nathaniel Hawthorne, »The Artist of the Beautiful«, in: ders., Tales and Sketches, New York 1982, S. 907–931.
9  Nathaniel Hawthorne, »Drowne’s Wooden Image«, in: ders., Tales and Sketches, New York 1982, S. 932–944.
10  Hawthorne, (wie Anm. 3), S. 1103, 1119.
11  Ebd., S. 1120.
12  Nathaniel Hawthorne, »The Hall of Fantasy«, in: ders., Tales and Sketches, New York 1982, S. 734–745, hier: S. 738.
13  Nathaniel Hawthorne, »The Birth-mark«, in: ders., Tales and Sketches, New York 1982, S. 764–780, hier: S. 765.
14  Man könnte hier einen Nachhall Lessings vernehmen: »Ein einziger unschicklicher Teil kann die übereinstimmende Wirkung vieler zur Schönheit stören.» Gotthold Ephraim Lessing, Laokoon, Stuttgart 1998, S. 167.
15  Hawthorne, (wie Anm.13), S. 771-772.
16  Siehe zum medizinhistorischen Kontext meine Ausführungen in Anamorphotische Körper, Köln, 2001, S. 41–44.
17  Nathaniel Hawthorne, The Scarlet Letter, (Penguin Books) 1986, S. 128.
18  Nathaniel Hawthorne, Tales, edited by James McIntosh, New York, London 1986, S. 315.
19  Wenn Hawthorne den Begriff Diorama benutzt, dann setzt er ihn nicht im präzisen medientechnologischen Sinne ein. Gemeint ist der traditionelle Guckkasten. Zur Entwicklung des Dioramas siehe Birgit Verwiebe, »Lichtspiele und Bewegungsbilder«, in: Bodo von Dewitz / Werner Nekes (Hgg.), Ich sehe was, was du nicht siehst!, Göttingen 2002, S. 314-327. Darin auch Illustrationen von Guckkästen und Guckkastenbildern.
  Nathaniel Hawthorne, »Ethan Brand«, in: ders., Tales and Sketches, New York 1982, S. 1051–1067, hier: S. 1061.
20  Ebd.
21  Das Thema des kalten anthropologischen Blicks wird auch in »The Prophetic Pictures« durchgespielt. Ein Maler studiert nicht nur die Seelen und Herzen seiner bürgerlichen Kundschaft, er geht wie ein Ethnologe ins Feld, um auch Kinder, Bettler, Indianer, Krieger und Höflinge zu erkunden und ihre Antlitze zu zeichnen. All das tut er mit einem »kalten Herzen« und ohne »freundliche Gefühle«.
22  Hawthorne, (wie Anm. 20), S. 1064.
23  Ich beziehe mich hier verkürzend auf Friedrich Kittler, Optische Medien, Berlin 2002, S. 97.
24  Michel Foucault, Überwachen und Strafen, Frankfurt am Main. 1994, S. 180.
25  Max Weber, Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie I, Tübingen 1988, S. 555.
26  Ebd., S. 556.
27  Ebd., S. 564.
28  In »Fancy’s Show Box« macht Hawthorne die Sphärentrennung per Allegorie medienlogisch anschaulich: Einbildungskraft (fancy) tritt auf als Showman mit Guckkasten und Bildern (Ästhetik); Erinnerung (memory) ist ein Buchhalter mit Buch, Feder und Tintenfass (Wissen); Gewissen (conscience) ist eine verkleidete Gestalt mit einem Messer (Moral). Nathaniel Hawthorne, »Fancy’s Show Box«, in: ders., Tales and Sketches, New York 1982, S. 450–455, hier: S. 451.
29  Jürgen Habermas hat in seiner Rezeption des weberschen Ansatzes diese krisenhafte Entkoppelung der Wertsphären betont. Vgl. Jürgen Habermas, Theorie des kommunikativen Handelns, Bd. 1, Frankfurt am Main. 1981, S. 228 ff.
30  Nathaniel Hawthorne, The House of the Seven Gables, Oxford / New York 1991, S. 91. 
31  Nathaniel Hawthorne, (wie Anm. 2), S. 1092.
32  Ebd., S. 1098.
33  Ebd., S. 1098–1099.
34  Verwiebe, (wie Anm. 19), S. 314-327; Bodo von Dewitz, »Eine mobile Bilderwelt«, in: Bodo von Dewitz / Werner Nekes (Hgg.), Ich sehe was, was du nicht siehst!, Göttingen 2002, S. 83–84.
35  Hawthorne, (wie Anm. 2), S. 1087.

© Gunnar Schmidt

* in: Haupt, Sabine; Stadler, Ulrich (Hrsg.), Das Unsichtbare sehen. Bildzauber, optische Medien und Literatur, Wien 2006